Nachhaltigkeit erreichen

Nachhaltiges Investieren: fünf Themen für 2024

Pragmatismus ist die Devise, wenn es um die wichtigsten Themen für nachhaltige Investitionen in 2024 geht. Hier sind die fünf Themen, die Anleger im Blick haben sollten.

Das Wichtigste in Kürze
  • Mit Blick auf 2024 setzen wir auf einen pragmatischen, risikobasierten Ansatz, um kritische nachhaltigkeitsbezogene Herausforderungen zu bewältigen.
  • In einem instabilen globalen Umfeld wird die Häufung wetterbedingter Schadensereignisse die Welt weiterhin daran erinnern, dass das Klima ein Thema mit kurzfristigen Auswirkungen ist.
  • Innovative Tools zur Erfassung qualitativ hochwertiger Daten ermöglichen zunehmend eine solide Risikoquantifizierung als Grundlage für ESG 2.0.
  • Das Thema des Übergangs zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft wird – auch bei den Aufsichtsbehörden – zunehmend im Fokus stehen.
Auch im Jahr 2024 sieht sich die Welt mit einer Vielzahl von Nachhaltigkeitsherausforderungen konfrontiert. Dass diese trotz klarer politischer Differenzen zunehmend pragmatisch und risikoorientiert adressiert werden, stimmt uns jedoch zuversichtlich. Am Ende des Jahres 2023 summieren sich ein schwächeres Wirtschaftswachstum, eine hartnäckig hohe Inflation, ein fragiles politisches Umfeld und greifbare Belege für den Wandel des Klimas zu einer Polykrise: einer Zuspitzung miteinander verknüpfter globaler Risiken, deren Auswirkungen sich– wie vom Weltwirtschaftsforum vorhergesagt – gegenseitig verstärken. Mit Blick auf 2024 rechnen wir jedoch trotz des anhaltend schwierigen politischen Umfelds mit einer Verlagerung der Schwerpunkte in wichtigen Bereichen.
1. Die politische Agenda könnte die Klimawende verzögern
Im kommenden Jahr stehen Wahlen in 40 Ländern an, die zusammen 41 % der Weltbevölkerung und 42 % des globalen BIP ausmachen.1 Das Klimathema könnte 2024 in den Hintergrund gedrängt werden, wenn sich die Länder mit wirtschaftlichen Herausforderungen und höheren Lebenshaltungskosten konfrontiert sehen. Diese politische Agenda könnte die Finanzierung und Umsetzung von Übergangsplänen verzögern und das Szenario eines „verzögerten Übergangs“ in eine grünere Zukunft – wie vom Network for Greening the Financial System beschrieben2 – wahrscheinlicher machen. Ein solches Szenario hätte erhebliche Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum und die Risikomodellierung. Außerdem würde es zu einem höheren Finanzierungsbedarf für eine spätere Realisierung der grünen Wende führen.3 Wir sind bereits dabei, die potenziellen negativen Auswirkungen auf die Renditen von Kundenportfolios zu quantifizieren.
Network for Greening the Financial System (NGFS)” Szenario-Analyse [EN]
Network for Greening the Financial System (NGFS)” Szenario-Analyse [EN]

Quelle: NGFS Scenarios Portal, https://www.ngfs.net/ngfs-scenarios-portal/explore/, November 2023
Weitere Erläuterungen zu den verschiedenen Szenarien finden Sie im Portal.

2. Vom Wandel des Klimas zu seinen Auswirkungen
In diesem Spannungsfeld dürfte das Klima von einem in weiter Ferne (2050) liegenden Konzept zu einer kurzfristigeren Priorität werden. Wissenschaftliche Studien haben zwar den Anstieg der Temperatur und Emissionen modelliert – bei der Modellierung der Auswirkungen dieser Entwicklungen waren sie bislang jedoch weniger erfolgreich. Wie häufig und wo folgenreiche Extremwetterereignisse auftreten und wie schwer sie ausfallen, ist sehr unterschiedlich und die Rückkehr von El Niño dürfte im kommenden Jahr für neue Temperaturrekorde sorgen. Das führt zu zunehmenden finanziellen Risiken und könnte ein Umdenken fördern, insbesondere in Anbetracht der hohen Kosten umfangreicher und steigender Subventionen für fossile Brennstoffe.4 Unterdessen bringen höhere Temperaturen die bereits überlasteten Gesundheitsdienste endgültig an ihre Grenzen.5 Gleichzeitig verschärfen sich die Biodiversitätsrisiken entlang der globalen Lieferkette.6 Angesichts der näher rückenden Zwischenziele für die nationalen Klimabeiträge (NDCs) gemäß dem Pariser Abkommen könnten diese Themen die Strategien und Berichterstattung der Staaten beeinflussen.
3. ESG ist tot, lang lebe ESG 2.0
Wir gehen davon aus, dass das größere Bewusstsein für die finanziellen Risiken zu einem wieder stärkeren Interesse an ESG (ESG steht für Umwelt [Environmental], soziale [Social] und die gute Unternehmensführung [Governance] betreffende Nachhaltigkeitskriterien) – und deutlich verfeinerten ESG-Ansätzen – führen wird. Bei seiner Einführung im Jahr 2004 ging es beim Begriff „ESG“ vor allem um eine grobe Klassifizierung der wichtigsten Faktoren, die zur langfristigen operativen und finanziellen Resilienz eines Unternehmens beitragen.7 Diese wurden häufig in einem stark vereinfachten ESG-Gesamtwert zusammengefasst. Seither ist der Begriff erheblich diffuser geworden. ESG wird zunehmend damit gleichgestellt, „Gutes zu tun“, bestimmte Werte zu verfolgen oder verantwortungsvoll zu investieren. Darüber hinaus hat es sich bei den ESG-Bewertungen der wichtigsten Anbieter lange um undurchsichtige, qualitative Bewertungen auf der Grundlage sehr unterschiedlicher Ansätze gehandelt.8 Inzwischen zeichnet sich jedoch ein Trend zur Erfassung qualitativ hochwertiger Daten mithilfe innovativer Tools ab. Dadurch wird es künftig leichter sein, die Auswirkungen und Abhängigkeitsrisiken auf Unternehmens-, Branchen- und regionaler Ebene zu quantifizieren. Für 2024 planen wir die Veröffentlichung eines Themenpapiers, in dem wir darlegen werden, wie wir unsere Datenerfassung zur Risikomaterialität über unsere Nachhaltigkeitsdaten-Plattform SusIE weiterentwickeln, um neue innovative Angebote von Spezialanbietern einzubeziehen, und neue Datenerfassungstechniken auf der Grundlage künstlicher Intelligenz (KI) prüfen.
4. Vom Übergang der Regulierung zur Regulierung des Übergangs
Im zurückliegenden Jahr hat sich im Regulierungsbereich viel getan. Mit der geplanten Einführung neuer nachhaltigkeitsbezogener Offenlegungspflichten (SDR) für britische Unternehmen, der ASEAN-Taxonomie9 und den Anpassungen an der EU-Offenlegungsverordnung (SFDR) scheinen wir in eine pragmatischere „Normierungsphase“ einzutreten. In der Folge rechnen wir damit, dass sich die stärkere regulatorische Fokussierung auf das Konzept des „Übergangs“ auch zunehmend in den Rahmenwerken für Klima-, Impact- und Nachhaltigkeitsanlagen widerspiegeln wird.10 Untermauert wurde dies im September 2023 durch die von der Glasgow Financial Alliance for Net Zero gestarteten Konsultation zu Transition Finance-Strategien.11 Wir gehen davon aus, dass der „gerechte Übergang“ („just transition“) beim COP 28 Gipfel12 erneut eine wichtige Rolle spielen wird. Dabei dürfte mehr Klarheit über Partnerschaften für eine gerechte Energiewende bestehen, in deren Rahmen wohlhabendere Volkswirtschaften Mittel bereitstellen, um Entwicklungsländer bei der Abkehr von fossilen Brennstoffen zu unterstützen.13
5. Auf der Suche nach einer wirkungsvollen Lösung
Im Jahr 2023 veröffentlichte das Weltwirtschaftsforum mehrere Publikationen zur Notwendigkeit, in Lösungen zu investieren – von bestehenden Technologien, die skaliert werden müssen, bis hin zu völlig neuen Lösungen. Angesichts der aktuellen Fokussierung des Marktes auf die Verringerung des Klimafußabdrucks gilt es, mit mehr Nachdruck auch nach Möglichkeiten zur Verbesserung des Handabdrucks zu suchen – also nach Lösungen, die weitreichende Verbesserungen ermöglichen. Was die Formulierung, Messung, Realisierung und Kommunikation positiver Auswirkungen über den gesamten Lebenszyklus eines Projektes angeht, können die öffentlichen Märkte noch einiges von den privaten Märkten und dem Impact Investing lernen. In einem im Juli 2023 veröffentlichten Whitepaper haben wir dargelegt, wie wir bei Allianz Global Investors dieses Thema im Zuge der Einführung neuer Angebote für Kunden adressieren.14 Wir gehen davon aus, dass einige der von uns erörterten Konzepte auf den öffentlichen Märkten im kommenden Jahr zunehmend an Einfluss gewinnen werden.
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