Zins- und Zeitenwende meistern

Ausblick 2024: Chancen nutzen

Die Zinsen scheinen ihren Höhepunkt erreicht zu haben. Dadurch entsteht ein neues Anlageumfeld – mit Chancen, wie es sie vielleicht seit vielen Jahren nicht mehr gegeben hat. Angesichts der Performanceunterschiede zwischen Unternehmen, Anlageklassen und Volkswirtschaften könnten die Portfoliodiversifikation und mutige, auf gut begründeten Überzeugungen basierende Anlageentscheidungen in diesem Umfeld besonders wichtig sein.

Die Ungewissheit ist nach wie vor groß und wird durch einen potenziellen Ölpreisschock und die US-Wahlen im November 2024 noch verstärkt. Doch es gibt auch eine gute Nachricht: Aus Anlegersicht könnte es sich wieder lohnen, stärker ins Risiko zu gehen.

Zusammenfassung
  • Anders als der Konsens rechnen wir in den USA mit einer Rezession. Unserer Ansicht nach könnten die Märkte unterschätzen, wie lange die großen Zentralbanken die Zinsen noch auf einem höheren Niveau halten müssen.
  • In einer Ära, in der Geld wieder etwas kostet, werden nicht alle Anlagen gut performen. Daher wird ein aktiver Ansatz bei Auswahl und Management von Investitionen von entscheidender Bedeutung sein.
  • Die Ungewissheit in Bezug auf den Wachstumsausblick, die Zinsentwicklung und geopolitische Ereignisse könnte für eine erhöhte Volatilität sorgen. Durch Verschiebungen an den Märkten können sich aber auch Gelegenheiten bieten, langfristige Positionen auf der Grundlage starker Überzeugungen aufzubauen.
  • Unserer Ansicht nach bilden sich attraktive Anlagebedingungen für festverzinsliche Anlagen heraus. Außerdem sehen wir Einstiegschancen an den Aktienmärkten, insbesondere für Strategien mit Qualitätsfokus und thematischer Ausrichtung.
  • Die Diversifikation wird ein Muss sein: In bestimmten Private-Market-Anlageklassen wie Private Credit und Infrastruktur könnten sich durch das Marktumfeld und die Bewertungen gute Anlagemöglichkeiten eröffnen.

In den folgenden Rubriken finden Sie
die Prognosen unserer Experten für 2024

Stefan Hofrichter

„Die aktuellen Konsensprognosen könnten auch falsch liegen. Ein Szenario einer Wachstumsabschwächung oder milden Rezession ist zweifellos denkbar. Aus mehreren Gründen kann es jedoch auch anders kommen.“

Stefan Hofrichter

Head of Global Economics & Strategy

Weniger Wachstum – mehr Ertrag? 

Die Konsensmeinung zum globalen Wirtschafts wachstum – und vor allem zum Wachstum in den USA – ist weiterhin relativ optimistisch. Die meisten Ökonomen erwarten eine „weiche Landung“ der US-Wirtschaft. Das würde bedeuten, dass die Zentralbank die Wirtschaft erfolgreich verlangsamt, ohne sie in eine Rezession zu stürzen – oder höchstens eine leichte Rezession auslöst. Eine schwere Rezession wird lediglich als Randrisiko betrachtet.1 

Tatsächlich rechnen überhaupt nur etwa zwei von fünf US-Ökonomen in den nächsten Quartalen mit einer Rezession.2 Internationale Institutionen wie der Internationale Währungsfonds (IWF) oder die Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) erwarten eine weltweite Wachstumsabschwächung gefolgt von einer Erholung im Jahr 2024. Die Wachstumsprognosen der Zentralbanken gehen in die gleiche Richtung. Die bislang robuste Wirtschaftsaktivität – vor allem in den USA – scheint diesen recht positiven Ausblick zu bestätigen. 

Die aktuellen Konsensprognosen könnten aber auch falsch liegen. Ein Szenario einer Wachstumsabschwächung oder milden Rezession ist zweifellos denkbar. Es könnte jedoch auch anders kommen – aus mehreren Gründen. 

Zunächst einmal sind Ökonomen notorisch schlecht darin, Rezessionen vorherzusehen (siehe Abbildung 1). Selbst unmittelbar vor der globalen Finanzkrise – dem schwersten Wirtschaftseinbruch seit Jahrzehnten – erwarteten die meisten von ihnen eine weiche Landung. 

Zweitens deuten verschiedene Frühindikatoren nach wie vor darauf hin, dass die USA im ersten Halbjahr 2024 in eine Rezession abrutschen werden: Derartige Signal gehen sowohl von der invertierten Zinsstrukturkurve aus als auch vom Rückgang der Geldmenge (infolge der Straffung der Geldpolitik) und der Tatsache, dass die Zentralbankzinsen über dem neutralen Niveau liegen und sich somit im „restriktiven“ Bereich befinden. 

Inflation: hartnäckig hoch 

Gleichzeitig bleibt die Inflationsrate hartnäckig hoch. Seit dem Höchststand im Jahr 2022 hat die Teuerung zwar deutlich nachgelassen. Vom Zielwert der Zentralbanken von 2% ist sie aber immer noch weit entfernt. 

Der anhaltende Preisdruck ist für uns keine Überraschung: Der Inflationsschub zwischen 2021 und 2022 war nicht nur der Pandemie und den Energiepreisschocks geschuldet, sondern auch der übermäßigen Liquidität im System durch die massive Lockerung der Geldpolitik. 

Drei längerfristige angebotsseitige Schocks tragen ebenfalls zu einer strukturell höheren Inflation bei. Der erste ist die Deglobalisierung – oder genauer gesagt die Tatsache, dass der Anteil des Handels am globalen Bruttoinlandsprodukt (BIP) auch aufgrund einer stärkeren Regionalisierung der Lieferketten tendenziell schrumpft. Die Dekarbonisierung und die Tatsache, dass der Arbeitsmarkt infolge des demographischen Wandels strukturell enger ist, sind weitere Faktoren.

In der Vergangenheit haben wir gesehen, dass es nach einer Phase hoher Inflation mehrere Jahre dauern kann, bis sich die Teuerung wieder auf einem niedrigeren Niveau einpendelt. Grund dafür sind Zweitrundeneffekte wie Lohn-Preis-Spiralen (wenn höhere Löhne zu höheren Preisen führen usw.) oder Preiserhöhungen von Unternehmen. 

Vor diesem Hintergrund bezweifeln wir, dass die Märkte richtig damit liegen, keine weiteren Zinserhöhungen der großen Zentralbanken einzupreisen und ab Mitte 2024 deutliche Zinssenkungen zu erwarten. Zusammenfassend glauben wir also im Gegensatz zum Konsensszenario, dass die Zinsen noch „länger höher“ bleiben werden. 

Vielleicht spiegelt die Konsensmeinung die Erwartung wider, dass ein höheres Produktivitätswachstum helfen könnte, die Inflation einzudämmen? Tatsächlich sehen wir derzeit zweifellos enorme technologische Veränderungen wie den jüngsten Siegeszug der generativen Künstlichen Intelligenz (KI). Diese Fortschritte könnten das Gesamtangebot in der Weltwirtschaft erhöhen und damit – möglicherweise – zur Senkung der Inflation beitragen. Ob es wirklich so kommt, ist jedoch völlig offen. Bislang geben die Zahlen zum Produktivitätswachstum noch keine Hinweise auf eine strukturelle Erhöhung. Auch darf nicht vergessen werden, dass das Produktivitätswachstum zwar durch technologische Innovation beschleunigt, durch andere Faktoren aber auch gebremst werden kann. Man denke nur daran, wie lange die Verwerfungen nach geplatzten Kreditblasen oder Kriegen anhalten können. 

Ist der Höchststand der Anleiherenditen erreicht? 

Die Anleiherenditen sind so hoch wie seit mehr als eineinhalb Jahrzehnten nicht mehr und es droht ein Wirtschaftsabschwung. Objektiv sollte da viel für bonitätsstarke Staatsanleihen sprechen. Wann der Höchststand der Anleiherenditen erreicht ist, lässt sich aber weiterhin nur schwer vorhersagen. Wir hätten ein besseres Gefühl, wenn die von den Märkten eingepreisten Erwartungen an den künftigen Zinspfad der Zentralbanken konservativer wären und die Märkte von einer längeren Phase höherer Zinsen ausgehen würden

Anleger sollten sich darauf einstellen, dass die Bank of Japan (BoJ) ihre langjährige Politik der Zinskurvensteuerung mit einer Obergrenze für langfristige Staatsanleiherenditen beendet – ein Schritt, der Auswirkungen auf die globalen Anleihemärkte haben könnte. Die Energiepreise sind eine weitere „Wild Card“, insbesondere nach dem schrecklichen Angriff auf Israel Anfang Oktober 2023. 

Wir sind der Meinung, dass die Wachstumserwartungen nach unten korrigiert werden müssen. Das dürfte zu einem schwierigeren Umfeld für Risikoanlagen und einer höheren Volatilität führen. In der Vergangenheit hat es sich in der Regel am meisten ausgezahlt, in – und nicht vor – einer Rezession in Aktien und Spread-Produkte zu investieren. Zudem hätte jedwede Neubepreisung von Anleihen vermutlich auch Auswirkungen auf die Aktienmärkte.

Die letzten beiden Jahre waren auch von „Unfällen“ im Finanzsystem geprägt: 2022 geriet das britische Rentensystem unter Druck und Anfang 2023 kam es zum Zusammenbruch mehrerer Banken, vor allem in den USA. Das Schlimmste mag hinter uns liegen. Weitere Störereignisse sind aber auch nicht auszuschließen, wie das Financial Stability Board, der IWF, die Zentralbanken und andere Institutionen immer wieder mahnen. Eine hohe Verschuldung in der Weltwirtschaft und anhaltend höhere Zinsen sind ein Rezept für finanzielle Instabilität. Diesmal könnten die Risiken eher bei den Nicht-Bank-Finanzinstituten als bei den Banken liegen. Eine gewisse Absicherung von Extremrisiken könnte daher eine gute Idee sein. 

Abbildung 1: Die Ökonomen waren noch nie gut darin, Rezessionen vorherzusagen.
Haben sie dazugelernt? 

Exhibit 1: Economists have consistently failed in anticipating recessions. What about this time?

Hinweis: Rezessionswahrscheinlichkeit auf der Grundlage der Befragung professioneller Konjunkturforscher (Survey of Professional Forecasters, SPF) der Federal Reserve Bank of Philadelphia. Die Abbildung stellt die Expansions-/Rezessionsphasen in den USA dem Median der Rezessionswahrscheinlichkeit der zwei Quartale zuvor durchgeführten Umfrage gegenüber. Quelle: Allianz Global Investors Global Economics & Strategy, Bloomberg (Stand der Daten: 30. September 2023). Vergangenheitswerte geben keinen Aufschluss über die künftige Wertentwicklung einer Anlage.

1 Quelle: Globale Fondsmanager-Befragung der Bank of America, Oktober 2023.
2 Quelle: Consensus Economics, Oktober 2023.

Virginie Maisonneuve

„In Zeiten einer restriktiven Geldpolitik und langsamerer Wachstumsraten werden eine hohe Cashflow-Generierung und starke Bilanzen von entscheidender Bedeutung sein, genauso wie die Fähigkeit der Managementteams, ihre Unternehmen nachhaltig durch volatile Ökosysteme zu führen, die sich zum Teil sehr schnell verändern.“

Virginie Maisonneuve

Global CIO Equities

Qualitätzählt 

Die Aktienmärkte dürften im Jahr 2024 unter dem Eindruck mehrerer großer Themen stehen. Dazu gehören weltweit größere Unterschiede in der Performance von Märkten und Volkswirtschaften – aufgrund unterschiedlicher Wachstumspfade und einer unterschiedlichen Geldpolitik – und das Zusammenwirken geopolitischer Entwicklungen mit zyklischen und strukturellen Trends wie Technologie und Klimawandel. Dies folgt auf eine Phase der Normalisierung und Anpassung an eine neue Welt, in der die Kapitaldisziplin zurückkehrt und sich eine unsichere geopolitische Ordnung herausbildet. Vor diesem Hintergrund zeigte sich das Jahr 2023 zweigeteilt. In der ersten Jahreshälfte standen Wachstumsaktien stärker in der Gunst der Marktteilnehmer, die einen Kurswechsel der US-Notenbank (Fed) und damit das Ende des Zinserhöhungszyklus erwarteten. In der zweiten Jahreshälfte kehrte sich die Stimmung jedoch um. Mit dem sich abzeichnenden Szenario eines „längerfristig höheren“ Zinsniveaus, vor dem wir schon seit geraumer Zeit gewarnt hatten, übernahmen Value-Aktien wieder die Führung. 

Makroökonomische Divergenz 

Der makroökonomische Ausblick für die USA, die Europäische Union und China im Jahr 2024 ist sehr unterschiedlich. Die US-Wirtschaft scheint sich gut zu behaupten und die Beschäftigungsdaten und Einkaufsmanagerindizes zeichnen ein relativ positives Bild. Chinas Wirtschaft schwächelt, könnte aber an einem wichtigen Wendepunkt stehen. Wichtig wird sein, dass China die Probleme im Immobiliensektor löst, da dieser rund 20% des chinesischen BIP ausmacht. Optimistisch stimmt uns jedoch Chinas „New Economy“ (Technologie, Fintech, Finanzdienstleistungen, Healthtech und die „grüne Wirtschaft“), die wir für den künftigen Wachstumsmotor der Wirtschaft halten. Unterdessen sieht sich Europa mit Rezessionsrisiken und einer potenziell hartnäckigen Inflation konfrontiert. Dabei hat Deutschland als größte Volkswirtschaft des Kontinents zudem mit strukturellem Gegenwind zu kämpfen. Die unterschiedlichen Aussichten könnten gute Bedingungen für eine aktive Titelauswahl schaffen. 

Technologiewerte laufen allgemein gut, wenn „Wachstum“ als Anlagestil gefragt ist – zum Beispiel, wenn kein deutlicher Anstieg der Zinsen erwartet wird. Da das Ende der Zinserhöhungen absehbar ist, könnten Anleger mit einem disziplinierten Bottom-up-Ansatz in den kommenden Monaten Chancen auftun – vorausgesetzt, die Weltwirtschaft fällt nicht in eine tiefe Rezession. In den USA hat der Technologiesektor in diesem Jahr die Schlagzeilen beherrscht. Die zunehmende Durchsetzung von KI und anderen Technologien in vielen weiteren Sektoren wird jedoch zu einem breiteren Spektrum von Anlagemöglichkeiten führen, zum Beispiel in Bereichen wie Cybersicherheit oder Gesundheitstechnologie, in denen sich derzeit viel tut. In China könnte die New Economy Chancen bieten.

Jetzt, da Geld wieder etwas kostet, dürften wir künftig weniger sogenannte Zombie-Unternehmen sehen (siehe Abbildung 2). Nachdem sie sich in den letzten zehn Jahren durch billige Finanzierungen über Wasser halten konnten, könnten diese unprofitablen Unternehmen jetzt ums Überleben kämpfen. Die „Zombifizierung“ der Wirtschaft ist in bestimmten Branchen stärker verbreitet als in anderen. Unseren Analysen zufolge finden sich diese Unternehmen in den Bereichen Öl & Gas, Rohstoffe und Gesundheit zum Beispiel häufiger. Daher sollten Investoren potenzielle Anlagekandidaten in diesen Branchen – die aus anderen Gründen attraktiv bleiben könnten – sehr gut durchleuchten. Auch hier wird der Qualitätsfokus im gesamten Portfolio und über alle Anlagestile hinweg von größter Bedeutung sein.

Zusammenspiel von geopolitischen, strukturellen und zyklischen Themen: Investitionen in eine neue Weltordnung 

Während verschiedene Regionen vor spezifischen konjunkturellen Herausforderungen stehen, werden auch strukturelle Faktoren eine wichtige Rolle spielen. Wie China seine wirtschaftliche Neuausrichtung vorantreibt, wird zum Beispiel entscheidend dafür sein, wie sich das Land mittelfristig entwickelt und ob es ihm gelingt, das Vertrauen der Anleger zu wahren, die diesen Prozess sehr kritisch beobachten. 

In diesem Zusammenhang werden in den nächsten Jahren auch die weiteren Entwicklungen im Handelsstreit zwischen den USA und China – die ihren Machtkampf vor allem im Technologiesektor austragen – wichtig sein. Auf globaler Ebene ist die Energiewende für alle Regionen ein wichtiger struktureller Faktor. In besonderem Maße gilt das für Europa, das in den letzten zwei Jahren schnelle Antworten auf Versorgungsprobleme finden musste. Die Frage nach den direkten und indirekten Gewinnern der sich wandelnden Rolle Chinas in der globalen Lieferkette wird ein wichtiges Thema in Asien bleiben, da die Anleger eine strategische „China + 1“-Positionierung anstreben.

Eine letzte strukturelle Überlegung, die die weltwirtschaftliche Entwicklung in den nächsten Jahren prägen dürfte, sind die Auswirkungen der sich rasch weiterentwickelnden Hardware- und Softwareindustrie in Anbetracht der Fortschritte in der KI. Wie bereits erörtert, wird die Art und Weise, wie – und wie schnell – Unternehmen und Regierungen auf diese Veränderungen reagieren, über die Gewinner und Verlierer in dieser neuen Ära des digitalen Darwinismus entscheiden. Chinas wachsender Einfluss und führende Rolle in diesem Bereich könnten zur Herausbildung zweier miteinander konkurrierender Tech-Hemisphären führen.

Investmentausblick: Chancen durch Diversifikation und effiziente Portfoliokonstruktion 

Aus Anlegersicht sollte der Fokus angesichts der anhaltenden Ungewissheiten und der Auswirkungen der höheren Zinsen auf einige Unternehmen weiter auf hochwertigen Unternehmen und Themen liegen. 

In einem unsicheren Umfeld werden zudem Flexibilität und die Fähigkeit, auf aktuelle Ereignisse zu reagieren, entscheidend bleiben. Durch die mit der Ungewissheit verbundene Volatilität könnten sich jedoch gute Einstiegsmöglichkeiten für langfristige Investoren bieten. Ein aktiver Ansatz, der diesen Ungewissheiten mit einer sorgfältigen Titelauswahl und Portfoliokonstruktion begegnet – und sowohl eine gute Liquidität als auch Zugang zu Wachstumspotenzialen gewährleistet – dürfte vom Besten aus beiden Welten profitieren können.

Anleger können sich ihr Aktienportfolio wie eine Pyramide vorstellen. Das Fundament könnten Multi-Faktor-, LowVolatility-Strategien bilden. Die Ebene darüber könnte aus Quality Value-, Growth- und Dividenden-Aktien bestehen. In Zeiten einer restriktiven Geldpolitik und langsamerer Wachstumsraten werden eine hohe CashflowGenerierung und starke Bilanzen von entscheidender Bedeutung sein, genauso wie die Fähigkeit der Managementteams, ihre Unternehmen nachhaltig durch volatile Ökosysteme zu führen, die sich zum Teil sehr schnell verändern. An der Spitze der Pyramide schließlich könnten Bereiche stehen, die weiter Potenzial für Kapitalwachstum bieten, entweder über einen Mehrthemen-Ansatz oder durch eine Fokussierung auf einzelne Themen wie Cybersicherheit, KI, Klimawende, Ernährungssicherheit oder Wasser.

Abbildung 2: Die Zahl der Zombie-Unternehmen ist stark gestiegen, aber können sie in einem Umfeld „längerfristig höherer“ Zinsen überleben? 

Exhibit 2: Zombie firms have multiplied but can they survive “higher for longer”?

Quelle: Allianz Global Investors. Stand der Daten: 31. Oktober 2023..

Hinweis: Die Daten wurden der Refinitiv Worldscope Datenbank entnommen, die Industrie- und Schwellenländer abdeckt. Wir definieren Zombie-Unternehmen als reife Unternehmen (vor mehr als zehn Jahren gegründet) mit einer Zinsdeckungsquote von unter 1 in drei aufeinanderfolgenden Jahren. Die Zinsdeckungsquote dient dazu zu ermitteln, wie leicht ein Unternehmen die Zinsen auf seine ausstehenden Schuldtitel bedienen kann.

Franck Dixmier

„Nachdem die Zentralbanken mit ihren Zinserhöhungen weitgehend durch zu sein scheinen, können wir für die Zukunft ein eher ‚beständiges‘ Umfeld erwarten. Angesichts der unterschiedlichen Wachstumsaussichten und geldpolitischen Divergenzen werden Anleger, die von den sehr attraktiven Anleihebewertungen profitieren wollen, im Jahr 2024 jedoch geduldig sein müssen.“

Franck Dixmier

Global CIO Fixed Income

Anleihen sind zurück 

Es ist sicher keine Übertreibung zu sagen, dass der große Reset an den Anleihemärkten länger gedauert hat, als viele Anleger erwartet hatten. Im Jahr 2023 standen die globalen Anleihemärkte über weite Strecken weiter stark unter Druck. Hauptgrund dafür waren Anomalien des postpandemischen Wirtschaftsumfelds wie zum Beispiel die hohe Liquidität der Verbraucher und Unternehmen. Diese haben die Zentralbanken dazu bewegt, die Zinsen länger hoch zu halten, was Anleiheanleger vor große Herausforderungen stellte. 

Die Welle von Zinserhöhungen, durch die zehnjährige US-Staatsanleihen erstmals überhaupt drei Jahre negativer Gesamtrenditen in Folge verzeichnen könnten, scheint jetzt abzuebben. Mit den Zinspausen der Zentralbanken richtet sich die Aufmerksamkeit auf das Potenzial und den Zeitpunkt für mögliche Zinssenkungen im Jahr 2024. Unserer Ansicht nach macht die Kombination eines schwächeren Wachstums und einer nachlassenden Inflation mit einer restriktiveren Geld- und Fiskalpolitik sowie attraktiven Bewertungen Anleihen aus Anlegersicht wieder zu einem potenziell sehr interessanten Investment. 

Die Aktien- und Kreditmärkte scheinen bereits begonnen zu haben, das Risiko einer noch für längere Zeit restriktiven Geldpolitik einzupreisen. Die Verbraucher und Unternehmen dürften die höheren Zinsen ab der Jahreswende 2023/24 zu spüren bekommen. 

Wenn sich die Fundamentaldaten der Unternehmen in den nächsten drei bis sechs Monaten verschlechtern, dürfte sich dies auch am Arbeitsmarkt negativ niederschlagen. Der anhaltend starke Arbeitsmarkt war bisher eines der Haupthindernisse für eine lange überfällige Anleihenrally, da er den Konsum gestützt und damit für einen anhaltenden Inflationsdruck gesorgt hat. Angesichts der bereits schwächelnden Weltwirtschaft sowie der erhöhten geopolitischen Risiken und zunehmenden Gefahren für die Finanzstabilität rechnen wir auch in den USA mit einer Eintrübung der Wachstumsaussichten. Das alles könnten starke Kaufsignale für Anleihen sein, die im Jahr 2024 durchaus in der Lage sein dürften, höhere Renditen als Geldmarktanlagen zu erzielen. 

USA attraktiv, in Europa ist Geduld angesagt 

Da wir davon überzeugt sind, dass die Fed das Ende ihres Zinserhöhungszyklus erreicht hat, erscheinen die US-Anleihemärkte besonders attraktiv. Selbst wenn es doch noch einen Zinsschritt geben sollte, glauben wir, dass dies keine größeren Marktreaktionen hervorrufen dürfte, da sich die Aufmerksamkeit der Anleger voll auf die Frage richtet, wann die Fed die Zinswende einleiten und ihre Geldpolitik lockern wird. Die Marktpreise deuten auf eine erste Zinssenkung Mitte 2024 hin – eine Einschätzung, der wir zustimmen, da wir eine milde Rezession für wahrscheinlicher als eine weiche Landung halten.

Vor diesem Hintergrund erscheint das aktuelle Bewertungsniveau attraktiv – die Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen ist Anfang des vierten Quartals 2023 auf fast 5% gestiegen und die realen Renditen (die inflationsbereinigten Anleiherenditen) bewegten sich mit knapp 2,5% zuletzt auf einem seit 2007 nicht mehr gesehenen Niveau (siehe Abbildung 3). 

Wir bevorzugen das kurze Ende der Zinskurve, wo die Volatilität nachgelassen zu haben scheint, sowie das fünf- bis siebenjährige Laufzeitsegment. Außerdem halten wir Strategien, die auf eine Versteilung der Zinsstrukturkurve in den USA setzen, für attraktiv.

In Europa werden wir etwas länger warten müssen, bis sich ein Investment in die Zinsduration lohnt. Derzeit preisen die Märkte keine weiteren Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank ein. Unser Ausblick ist jedoch ein etwas anderer. Anders als in den USA sehen wir im Euroraum eine echte Lohn-Preis-Spirale. In Europa führt jede Lohnerhöhung praktisch eins zu eins zu einem Anstieg der Lohnstückkosten (hauptsächlich aufgrund des negativen Produktivitätswachstums). Unserer Ansicht nach setzt das Anleger dem Risiko eines möglichen Anstiegs der Kerninflation aus, das derzeit noch nicht eingepreist ist.

Kreditanlagen: Flexibilität und Diversifikation gefragt 

Die Kehrseite der Tatsache, dass sich Anleihen wieder lohnen, ist natürlich, dass Geld wieder etwas kostet, und das hat Auswirkungen auf die Kreditmärkte. Wenn sich das wirtschaftliche Umfeld in den nächsten Monaten eintrübt, dürfte es zu einer größeren Streuung bei der Kreditqualität und -performance kommen. Daher sollten Anleger flexibel bleiben und das Spreadrisiko begrenzt halten. Dennoch sollten sich Anleger die Anlagemöglichkeiten im High-Yield-Segment nicht entgehen lassen, wo die hohe Verzinsung einen guten Puffer für den unserer Erwartung nach relativ begrenzten Anstieg der Ausfallraten darstellt. Das kürzere Durationsprofil von Hochzinsanleihen bedeutet, dass Portfolios am vorderen Ende der Kreditkurve von Unternehmensanleihen investiert sind, wo sich die Kreditwürdigkeit besser bewerten lässt. 

Eine große Chance für 2024 sehen wir an den asiatischen Anleihemärkten außerhalb Chinas, die einen Gegenpol zum erwarteten globalen Abschwung und der allgemeinen Marktvolatilität darstellen könnten. Dank der Diversifizierung der Lieferketten, der zunehmenden Entkopplung von den USA und ihrer jüngeren Bevölkerungen werden die asiatischen Volkswirtschaften außerhalb Chinas voraussichtlich sowohl 2024 als auch in den nächsten zehn Jahren einen wichtigen Beitrag zum globalen Wirtschaftswachstum leisten. Wir erwarten, dass sich diese besseren Wachstumsperspektiven nach und nach auch in besseren makroökonomischen Fundamentaldaten, höheren Länderratings und einer fundamentalen Neubepreisung festverzinslicher Vermögenswerte in der Region niederschlagen werden.

Unter den Emerging Markets weisen Lokalwährungsanleihen asiatischer Staaten traditionell das niedrigste Beta gegenüber US-Staatsanleihen auf. Dadurch bieten diese Anleihen nicht nur konkurrenzfähige Renditen bei einer geringeren Währungsvolatilität, sondern können auch zu einer besseren Diversifikation beitragen. Ebenso bieten asiatische Investment-Grade-Unternehmensanleihen ein wettbewerbsfähiges Risiko-Ertrags-Profil im Vergleich zu anderen globalen Kreditmärkten.

Mehrwert und Risikomanagement durch eine aktive Strategie 

Nachdem die Zentralbanken mit ihren Zinserhöhungen weitgehend durch zu sein scheinen, können wir für die Zukunft ein eher „beständiges“ Umfeld erwarten. Angesichts der unterschiedlichen Wachstumsaussichten und geldpolitischen Divergenzen – vor allem zwischen den USA und Europa – werden Anleger, die von den sehr attraktiven Anleihebewertungen profitieren wollen, im Jahr 2024 jedoch geduldig sein müssen. Eine aktive, flexible Strategie könnte Anlegern helfen, die höheren Renditen zu vereinnahmen und zugleich das kurzfristige Durations- und Spreadrisiko zu kontrollieren. 

Abbildung 3: Reale Renditen: Liefern Anleihen wieder Erträge? 

Exhibit 3: Real yields: putting the income back in bonds?

Quelle: Bloomberg, Allianz Global Investors. Stand der Daten: 10. November 2023.

Gregor Hirt

„Die überschüssige Liquidität, die viele Anlageklassen seit der globalen Finanzkrise gestützt hat, geht jetzt zurück, da die Zentralbanken ihre Stimulusmaßnahmen zurücknehmen. Die gute Nachricht ist, dass dies den Weg für einen aktiveren Asset Management-Ansatz ebnen könnte, durch den sich Alphaquellen erschließen lassen könnten.“

Gregor MA Hirt

Global CIO Multi Asset

Andere Wege gehen 

Wir meinen, dass 2024 das Jahr sein könnte, in dem Multi-Asset-Strategien ihr Können wieder unter Beweis stellen, da sich über alle Anlageklassen hinweg Chancen auftun könnten. 

Die aus Anlegersicht wohl wichtigsten Fragen betreffen die Wachstumsaussichten für 2024 und die weitere Entwicklung der Geldpolitik. Alle Augen richten sich auf die Zentralbanken: Wird es ihnen gelingen, die Inflation einzudämmen, ohne die Wirtschaft in eine Rezession zu stürzen? Gleichzeitig sorgen geopolitische Spannungen, mit zwei Kriegen im Nahen Osten und in der Ukraine, für ein schwieriges Umfeld. Das könnte zu einer erhöhten Marktvolatilität führen, was die Diversifikation umso wichtiger macht. Außerdem könnte eine höhere Agilität gefragt sein, um neben Aktien und Anleihen als wichtigsten Säulen im Portfolio auch Chancen in anderen Anlageklassen zu erschließen. 

Infolgedessen könnten Anleger ihre Portfoliozusammensetzung überdenken. Nach einem der schlechtesten Jahre aller Zeiten hatte das 60:40-Portfolio – das zu 60% in Aktien und zu 40% in Anleihen investiert ist – im Jahr 2023 ein gewisses Comeback. Die zeitgleiche Underperformance von Aktien und Anleihen im Jahr 2022 (siehe Abbildung 4) stellte die These der wechselseitigen Absicherung zwischen beiden Anlageklassen durch ihre negative Korrelation in Frage. Angesichts des potenziell schwierigen Ausblicks für Risikoanlagen (und vor allem Aktien) könnten Anleger jedoch eine andere Vermögensaufteilung und alternative Anlageklassen wie Rohstoffe und bestimmte Private-Market-Anlagen in Betracht ziehen. In Phasen größerer Unsicherheit wird ein dynamischer Ansatz wichtig sein. Das könnte bedeuten, die Aktienmärkte nach Anlagemöglichkeiten durch Bewertungskorrekturen zu durchforsten oder eine zusätzliche Portfolioabsicherung durch Optionsstrategien einzubauen, die für den Fall plötzlicher Marktbewegungen das Eingehen von Short-Positionen und Investitionen in liquide Alternative ermöglichen. 

Cash verliert an relativer Attraktivität 

Viele Anleger haben seit Anfang 2022 Barmittelpositionen aufgebaut. Durch den starken Anstieg der kurzfristigen Zinsen und die anhaltend volatilen Anleihemärkte wurde Cash – ein Vermögenswert, der einst als einer der uninteressantesten und renditeschwächsten Bereiche der Finanzmärkte galt – plötzlich deutlich attraktiver. Angesichts des unsicheren Ausblicks und der höheren Verzinsung haben wir durchaus Verständnis für die „Flucht in Cash“. Wir glauben aber, dass Anleihen im Jahr 2024 ein deutlich besseres Gesamtrenditepotenzial bieten werden – und längerfristig auch Aktien und andere Anlageklassen. 

Wo also sehen wir Anlagechancen? 

  • Traditionelle sichere Häfen könnten einen Blick wert sein – Im Anleihenbereich sehen wir infolge der aktuell hohen Renditen Potenzial für Carry-Trade-Gewinne und ein gewisses Kapitalwachstum aus Anlagen in US-Staatsanleihen. In der Erwartung, dass die Fed die Zinsen im Kampf gegen die Inflation noch für längere Zeit auf einem höheren Niveau halten könnte, haben die Staatsanleiherenditen zwischenzeitlich mehrjährige Höchststände erreicht. Die Fed scheint sich dem Ende ihres Zinserhöhungszyklus zu nähern und die Rezessionsgefahr ist noch nicht gebannt. Das führt zu einem unserer Ansicht nach günstigen Umfeld für US-Staatsanleihen. Außerdem glauben wir, dass Gold von der immer noch erhöhten Inflation und den geopolitischen Risiken profitieren könnte. Eine Stabilisierung der realen Zinsen – mit der wir rechnen – wird den Goldpreis ebenfalls stützen. Die Zentralbanken haben zuletzt so viel Gold angekauft wie nie zuvor und wir erwarten, dass dieser Trend anhält, zumal immer mehr Schwellenländer ihre Zentralbankreserven stärker diversifizieren, um ihre Abhängigkeit vom US-Dollar zu reduzieren. Eine Ausweitung des Konfliktes zwischen Israel und der Hamas zu einem regionalen Flächenbrand würde den Status von Gold als vermeintlich sicherem Hafen weiter stärken.
  • Konkurrierende Kräfte am Ölmarkt – Wir sehen den Ölmarkt in einem Spannungsfeld zwischen Sorgen über eine Eskalation des Nahost-Konflikts und den globalen Wachstumsaussichten. Eine Rezession oder auch nur ein schwächeres Wachstum in den größten Volkswirtschaften der Welt könnte die Ölnachfrage spürbar dämpfen. Die Lagerbestände sind jedoch nach wie vor niedrig, und der wichtigste Ölproduzent Saudi-Arabien hat ein starkes Interesse daran, die Preise hoch zu halten – bei etwa 80 bis 120 USD pro Barrel. Eine weitere Verschärfung des Krieges zwischen Israel und der Hamas könnte die Preise noch weiter in die Höhe treiben. Eine solche Eskalation, die nicht unser Basisszenario ist, hätte nicht nur Auswirkungen auf den Ölpreis, sondern würde auch zu einer deutlichen Verteuerung anderer Rohstoffe führen. Die Marktteilnehmer werden Ausschau nach etwaigen Hinweisen darauf halten, dass sich der Iran – ein Unterstützer der Hisbollah3 und großer Ölproduzent – direkter in den Konflikt einmischt. Wir werden aber auch die globalen makroökonomischen Daten im Auge behalten, da sich bei Anzeichen eines schwächeren Wachstums Kaufgelegenheiten ergeben könnten.
  • Chancen in japanischen Aktien – Während wir für Aktien insgesamt moderat konstruktiv sind, haben wir eine taktische Präferenz für japanische Aktien. Japanische Unternehmen gehören zu den wenigen Unternehmen aus Industrieländern, die noch immer Unterstützung durch niedrige Zinsen erhalten, ein Erbe des jahrelangen Kampfes gegen die Deflation. Angesichts der dank positiver makroökonomischer Daten und Unternehmensreformen stabilen Unternehmensgewinne halten wir die Bewertungen auf dem derzeitigen Niveau für attraktiv, auch wenn sich unsere Einschätzung im Laufe des Jahres 2024 ändern könnte. Wir werden Ausschau nach weiteren Hinweisen auf eine Abwendung der japanischen Notenbank (BoJ) von der Zinskurvensteuerung halten – einem der unserer Ansicht nach am meisten unterschätzten Marktrisiken für 2024. Japan ist der größte ausländische Halter von US-Staatsanleihen und die Aussicht auf eine höhere Verzinsung japanischer Anleihen und einen stärkeren Yen könnte zu einer höheren Marktvolatilität führen, falls japanische Anleger in heimische Anlagen umschichten sollten.

Welche anderen potenziellen Ideen verdeutlichen die Bedeutung der Diversifikation über verschiedene Märkte? Unserer Ansicht nach könnte Mexiko von einer Rückverlagerung der Lieferketten von US-Produzenten aus China näher an den US-Markt profitieren. Die Schwellenmärkte insgesamt werden durch Zweifel an der Verfassung der chinesischen Wirtschaft belastet. Die Probleme im Immobiliensektor haben China zu schaffen gemacht und könnten die kurzfristigen Wachstumsaussichten dämpfen. Wir glauben jedoch, dass die Stimmung im Jahr 2024 drehen wird. Angesichts Chinas Entwicklung zu einer innovationsgetriebenen Wirtschaft sind wir zudem weiter von den langfristigen Anlagemöglichkeiten an diesem Markt überzeugt. 

Alpha-Chancen? 

Über das gesamte Anlagespektrum hinweg dürfte 2024 ein differenzierter Ansatz bei der Auswahl der Anlagewerte wichtig sein. In einer Ära, in der Geld wieder etwas kostet, werden nicht alle Anlageklassen gut abschneiden. Die überschüssige Liquidität, die viele Anlageklassen seit der globalen Finanzkrise gestützt hat, geht jetzt zurück, da die Zentralbanken ihre Stimulusmaßnahmen zurücknehmen. Die gute Nachricht ist, dass dies den Weg für einen aktiveren Asset Management-Ansatz ebnen könnte, durch den sich Alphaquellen erschließen lassen könnten. 

Abbildung 4: Erfüllt das 60:40-Portfolio noch seinen Zweck? 

Exhibit 4: Is the 60:40 portfolio fit for purpose?

Hinweis: Okt. 23 bezieht sich auf Daten für den Zeitraum 1. Jan. - 31. Okt. 2023.
Quelle: AllianzGI, Bloomberg. Stand der Daten: 31. Oktober 2023. 

3 Die Hisbollah, eine politische Partei und Miliz im Libanon, steht in einer engen Verbindung zur Hamas.

Emmanuel Deblanc

„Durch die Auswirkungen der anhaltend höheren Zinsen und dauerhafte globale Trends wie die Energiewende dürften sich attraktive Einstiegspunkte für Anleger in einigen Sektoren der Private Markets bieten.“

Emmanuel Deblanc

Global Head of Private Markets

Neue Einstiegschance 

Das Interesse an Private-Market-Investments ist in den vergangenen Jahren stark gewachsen – aus gutem Grund. Im Tiefzinsumfeld nach der globalen Finanzkrise von 2008 hielten viele Investoren Ausschau nach zusätzlichen Ertragsquellen. Als dann die Inflation in die Höhe schoss und die Zinsen rapide stiegen, suchten viele Zuflucht in Private Market-Anlagen, die von Ausstattungsmerkmalen wie einer variablen Verzinsung und Inflationsbindung profitieren. 

Diese strukturellen Treiber bleiben relevant, auch wenn sich die Zinserhöhungszyklen der Zentralbanken ihrem Ende nähern und die Inflation nachlässt. Darüber hinaus sehen wir aber noch mehrere weitere Faktoren, die für eine Private-Market-Allokation sprechen. Tatsächlich sehen wir gute Einstiegschancen für Anleger, da die Bewertungen und Rahmenbedingungen in gewisser Weise an die Korrekturjahre 2009-10 nach der globalen Finanzkrise erinnern. 

Ungewissheiten eröffnen Chancen 

Die Wirtschaft und die Finanzmärkte befinden sich in einer Übergangsphase, in der die Unsicherheit über den Zinspfad durch die Unsicherheit über die wirtschaftlichen Aussichten und die Gefahr einer Rezession ersetzt wird. Zeiten der Unsicherheit können ein guter Zeitpunkt sein, um in Private Markets zu investieren. Wenn die Märkte korrigieren und Vermögenswerte neu bepreist werden, können Private-Market-Strategien – mit ihren zumeist mehrjährigen Investitionsphasen – die Möglichkeit bieten, neben einer Partizipation an längerfristigen Trends spezifische Chancen zu nutzen, die sich durch relative Bewertungsunterschiede ergeben.

Da sie weniger liquide sind, eignen sich Private-MarketAnlagen nicht für das Risikoprofil aller Investoren. Private Markets haben sich jedoch zu einem globalen, breit diversifizierten und heterogenen Universum entwickelt und wir gehen davon aus, dass sie weiter neue und höhere Allokationen anziehen werden. Angesichts der disruptiven Auswirkungen der Zinserhöhungen auf die Bewertungen und die Volatilität auf öffentlichen Märkten dürften viele Anleger neu abgewogen haben, wie viel „Illiquidität“ sie bereit sind zu akzeptieren, um den erwarteten Renditeaufschlag von PrivateMarket-Anlagen zu vereinnahmen. Darüber hinaus scheinen immer mehr institutionelle Investoren zu erkennen, dass Private Markets eine dauerhaft wichtige Rolle in den Portfolios spielen können, wobei eine aktive Assetauswahl und Absicherung durch maßgeschneiderte Anlagestrukturen helfen, das Portfolio über den kompletten Zyklus hinweg zu stabilisieren. 

Inflation – immer noch wichtig 

Zu den vorteilhaften Eigenschaften von Private-MarketAnlagen gehört der strukturell verankerte Inflationsschutz – ein Thema, das unserer Meinung nach auch im Jahr 2024 relevant bleiben wird. Private-Market-Anlagen als Inflationsabsicherung zu betrachten, mag eine zu starke Vereinfachung sein. Viele Transaktionsstrukturen bieten aber tatsächlich einen guten Schutz gegen die Inflation. Im Private-Credit-Bereich zum Beispiel sind viele Unternehmenskredite variabel verzinst, sodass die Zahlungen mit dem Referenzzinssatz steigen, während die Kosten und Preise bei Infrastrukturprojekten in der Regel an die Inflation gekoppelt sind. Eine perfekte Absicherung gegen die Geldentwertung stellen diese Investments allerdings nicht dar. Am wirksamsten sind sie bei „normalen“ Inflationsraten (d. h. im niedrigen einstelligen Bereich) und nicht bei so hohen Teuerungsraten, wie wir sie in den letzten 18 Monaten gesehen haben. Die Inflation lässt zwar allmählich nach, dürfte aber aufgrund struktureller Faktoren noch einige Zeit über den Zielwerten der Zentralbanken liegen, und Private-Market-Anlagen können helfen, diese Sorge zu adressieren. 

Zwei kurzfristige Einstiegspunkte 

Mit Blick auf das Jahr 2024 sehen wir das größte Potenzial im Private-Credit-Bereich, wo das RisikoErtrags-Profil attraktiv erscheint. Genauso wie an den öffentlichen Kreditmärkten (d.h. Unternehmensanleihen) hat der Anstieg der Zinsen die Renditen außerbörslicher Kreditanlagen auf ein Niveau gehoben, von dem Anleger seit vielen Jahren nur träumen konnten. Höhere Zinsen erhöhen natürlich den Druck auf die Unternehmen durch höhere Finanzierungskosten und stellen die Erschwinglichkeit bestimmter Kapitalstrukturen in Frage. Da die Risikobereitschaft der großen Bankkreditgeber im Jahr 2024 abnehmen dürfte, sollten Private-Market-Anleger Möglichkeiten auftun können, um sich zu günstigen Konditionen an Finanzierungspartnerschaften zu beteiligen.

Eine weitere große Chance bietet sich im Infrastrukturbereich, da die Anlageklasse neben ihrer Inflationsresistenz auch einen möglichen Beitrag zu diversifizierten Renditen und stabilen Cashflows bietet.

Zu den Treibern der aktuell hohen Nachfrage nach Infrastruktur als Anlageklasse gehört ein grundlegender Wandel in der Energieindustrie. Der Finanzierungsbedarf für die Energiewende, Maßnahmen zur Sicherstellung der Versorgungssicherheit und die Risikominderung in den Lieferketten für Technologien wie Elektrolyseure für die Wasserstoffproduktion oder E-Auto-Batterien ist groß. Der 437 Mrd. USD schwere US Inflation Reduction Act ist ein Beispiel für die enormen Summen, die die Regierungen locker machen. Die Energiewende wird jedoch auch eine enorme Mobilisierung von privatem Kapital erfordern (siehe Abbildung 5) – insbesondere in einer Zeit, in der der haushaltspolitische Spielraum der Regierungen begrenzt bleiben dürfte. Infrastrukturprojekte wie Strom- und Verkehrsnetze werden in der Regel durch langfristige Verträge finanziert. Dadurch können sie besser gegenüber konjunkturellen Schwankungen und der allgemeinen Marktvolatilität abgeschirmt sein.

Langfristiger Mehrwert 

Angesichts des unsicheren Wirtschaftsausblicks werden viele Anleger erst einmal in Wartestellung bleiben. Durch die Auswirkungen der anhaltend höheren Zinsen und dauerhafte globale Trends wie die Energiewende dürften sich jedoch attraktive Einstiegspunkte für Anleger in einigen Sektoren der Private Markets bieten. Wir glauben, dass der Jahrgang 2024 ein PrivateMarket-Jahrgang sein wird, den Anleger in den nächsten Jahren in ihren Portfolios haben wollen werden. 

Abbildung 5: Wie viel mehr Investitionen werden weltweit für die Energiewende benötigt? 

Exhibit 5: How much more global investment will be required in the energy transition?

Quelle: BloombergNEF. Hinweis: Die Startjahre sind je nach Sektor unterschiedlich, aber ab 2019 sind alle Sektoren vertreten. Zahlen für Kernkraft ab 2015. Stand der Daten: Januar 2023.

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