Disruption: Wandel nutzen

Indiens Haushaltsplan 2025: Balance zwischen Wachstum und fiskalischer Disziplin

Der unlängst angekündigte indische Staatshaushalt für das Fiskaljahr 2025 (FJ25) stellt eine lobenswerte Balance zwischen der Förderung des Wirtschaftswachstums und der Wahrung von Haushaltsdisziplin unter Beweis. Dieser inmitten globaler wirtschaftlicher Unwägbarkeiten vorgelegte Haushaltsplan verdeutlicht den strategischen Ansatz der Regierung, eine langfristig nachhaltige Entwicklung sicherzustellen und zugleich unmittelbare finanzpolitische Herausforderungen anzugehen. Befürchtungen über potenziellen Populismus und möglicherweise höhere Sozialleistungen nach den unerwartet schlechten Wahlergebnissen für die Bharatiya Janata Party (BJP) erwiesen sich als unbegründet.

Positive Überraschung in Sachen Haushaltsdisziplin

Der Haushalt für das FJ25 zeichnet sich bemerkenswerterweise durch seine haushaltspolitische Umsicht aus. Der Regierung ist es gelungen, den schwierigen Drahtseilakt zwischen Ausgaben für das Wachstum und einer nicht übermäßigen Ausweitung des Haushaltsdefizits zu bewältigen. Das für das FJ25 antizipierte Haushaltsdefizit wird auf 4,9 % des BIP festgesetzt und liegt somit unter den Erwartungen des Marktes. Dieses Ziel wird als erreichbar erachtet, da der Staatshaushalt durch etwa 1,5 Bio. INR (17,9 Mrd. USD) unterstützt wird, vor allem dank eines Dividendenüberschusses der Reserve Bank of India (RBI) in Höhe von 1,2 Bio. INR (14,3 Mrd. USD) und der in den letzten Quartalen unerwartet hohen Steuereinnahmen.

Mit der Aufnahme Indiens in den Global Emerging Markets Bond Index von JP Morgan und den damit einhergehenden Kapitalzuflüssen ergibt diese weitere positive Entwicklung im Haushaltsdefizit des Landes einen ermutigenden Ausblick für Indiens Kapitalkosten.

Erhöhung der Kapitalertragsteuer und Eindämmung der Marktspekulation

In Anbetracht der laufenden Bemühungen um eine Vereinfachung und Verschlankung des Steuersystems sieht der Haushalt eine Erhöhung des Steuersatzes für langfristige Kapitalerträge von 10 % auf 12,5 % vor. Diese Entwicklung war unerwartet, insbesondere angesichts der hohen Einnahmen und der wahrgenommenen Vorteile langfristiger Kapitalinvestitionen. Darüber hinaus wurde die Steuer auf kurzfristige Kapitalerträge von 15 % auf 20 % angehoben.

Die neuen Kapitalertragsteuern sind Ausdruck der konzertierten Bemühungen politischer Entscheidungsträger, exzessive Spekulationen einzudämmen und übermäßige Marktschwankungen zu verhindern. In Indien erfreut sich der Handel mit Derivaten unter Kleinanlegern einer stark wachsenden Beliebtheit. Diese Entwicklung ist wiederum eine unbeabsichtigte Konsequenz steigender Aktienmärkte. Die Aufsichtsbehörden und die Regierung zeigen sich angesichts dessen besorgt und haben auf die potenziellen Risiken unkontrollierter Anlegerspekulationen verwiesen. Um diesen Bedenken entgegenzutreten, wurde die Wertpapier-Transaktionssteuer (STT) angehoben. Die politischen Publikationen zu diesem Thema lassen unterdessen weitere Maßnahmen vermuten, mit denen die Marktstabilität gestärkt und ein ausgewogeneres Handelsumfeld sichergestellt werden sollen.

Positiv sind ferner die Senkung des Körperschaftssteuersatzes für ausländische Unternehmen und die Abschaffung der sogenannten „Engelssteuer“ auf Startup-Investitionen für sämtliche Kategorien von Anlegern.

Beschleunigung des Wirtschaftswachstums: mittelfristiger Fokus der Regierung
  • Vorrang der Investitionsausgaben für die Produktion gegenüber dem Ertragsaufwand

    Ein wichtiger Punkt der Haushaltsvorlage ist die Priorisierung der produktiven Investitionsausgaben (Capex) gegenüber dem Ertragsaufwand. Die Investitionsausgaben wurden gegenüber dem Vorjahr um 17,1 % aufgestockt. Damit dürften sie im FJ25 3,4 % des BIP erreichen. Diese Konzentration auf Investitionen, die bereits im FJ20 einsetzte, verbessert die Ausgabenqualität in Indien. Auch die Regierungen der einzelnen Bundesstaaten werden durch langfristige zinslose Darlehen in Höhe von 18 Mrd. USD dazu ermuntert, ihre Investitionsausgaben zu steigern.

    Der Schwerpunkt auf Infrastrukturmodernisierung wird vor allem an der Aufstockung der Mittel für Investitionen in den Schienenverkehr und Straßenbau ersichtlich. Ein weiterer bemerkenswerter Aspekt ist der Schwerpunkt auf neueren Branchen wie Schifffahrt und kritische Mineralien. Dies sind wichtige Bereiche, in denen sich Indien in Bezug auf die globalen Herausforderungen rund um den Warentransport sowie den erhöhten Bedarf an erneuerbaren Energiequellen positionieren kann. In Sachen Umwelt fand sich das Thema nachhaltige Entwicklung im Staatshaushalt mehrfach wieder. Mittel hierfür sollen Indien bei der Erfüllung seiner laufenden Klimaschutzverpflichtungen und der ökologischen Wende unterstützen. Dazu gehört die Entwicklung einer Taxonomie für die Finanzierung klimafreundlicher Investitionen, um die Verfügbarkeit von Kapital für die Anpassung an den Klimawandel und den Klimaschutz zu verbessern, sowie die Formulierung eines Strategiepapiers über geeignete Energiewendepfade, welche die verschiedenen Anforderungen in den Bereichen Beschäftigung, Wachstum und ökologische Nachhaltigkeit miteinander in Einklang bringen.

Verbesserung der Ausgabenqualität
Improving quality of spend

Quelle: HSBC, Stand: 24. Juli 2024.

  • Förderung von Produktion und Partnerschaften

    Im Haushalt sind mehrere Maßnahmen vorgesehen, um das verarbeitende Gewerbe zu fördern, darunter Steuererleichterungen für neue Produktionsbetriebe. Diese Anreize sollen Produktionskapazitäten erhöhen, Investitionen anlocken, Arbeitsplätze schaffen und folglich das industrielle Wachstum unterstützen. Die Betonung des verarbeitenden Gewerbes ist Teil einer breiter angelegten Strategie, um Indien zu einem globalen Produktionszentrum zu machen.

    Im Zusammenhang damit forcierte die Regierung ihre Bemühungen zur Entwicklung investitionsbereiter „Plug-and-Play“-Industrieparks mit kompletter Infrastruktur in oder in der Nähe von 100 Städten, die in Partnerschaft mit den Regierungen der Bundesstaaten und dem Privatsektor geschaffen werden sollen. Investitionen des Privatsektors in die Infrastruktur werden durch die Finanzierung von Wirtschaftlichkeitsdefiziten und durch entsprechende politische Maßnahmen und Vorschriften gefördert. Zur erleichterten Finanzierung wird ferner ein marktbasierter Rahmen eingeführt.

  • Förderung des Konsums über Einkommensteueranpassungen und die Schaffung von Arbeitsplätzen

    Der Haushalt betont insbesondere Beschäftigungs- und Qualifizierungsprogramme als Mittel zur langfristigen Belebung des Konsums. Das Paket des Premierministers erstreckt sich auf fünf Programme und Initiativen, womit 41 Millionen Jugendlichen über einen Zeitraum von fünf Jahren Beschäftigungs- und Qualifizierungsmöglichkeiten angeboten werden sollen, und sieht Ausgaben der Zentralregierung in Höhe von 2 Bio. INR (24 Mrd. USD) vor.

    Im Rahmen von Programm A erhalten Arbeitnehmer, die erstmals bei der Employees' Provident Fund Organization (EPFO) registriert werden, ein Monatsentgelt von bis zu 15.000 INR (180 USD) in drei Raten. Programm B konzentriert sich auf die Schaffung von Arbeitsplätzen im verarbeitenden Gewerbe und bietet Anreize für EPFO-Beiträge in den ersten vier Jahren der Beschäftigung. Programm C unterstützt Arbeitgeber durch die Erstattung von EPFO-Beiträgen von bis zu 3.000 INR (36 USD) pro Monat für zwei Jahre für jeden zusätzlich eingestellten Mitarbeiter.

    Abgesehen davon hat die Regierung beträchtliche Mittel für wichtige Bildungs- und Ausbildungsinitiativen bereitgestellt: Hierfür sind 1,48 Bio. INR (17,7 Mrd. USD) vorgesehen. Dazu gehört ein neues, zentral gefördertes Ausbildungsund Ausstattungsprogramm, mit dem innerhalb von fünf Jahren 2 Millionen Jugendliche ausgebildet und 1.000 industrielle Ausbildungsinstitute (ITIs) auf den neuesten Stand gebracht werden sollen. Ein Praktikumsprogramm soll innerhalb von fünf Jahren 10 Millionen Jugendlichen Chancen in 500 führenden Unternehmen eröffnen. Diese Initiativen sollen zu besseren Qualifikationen für Arbeitskräfte führen und diese wettbewerbsfähiger und für den Arbeitsmarkt attraktiver machen, was wiederum den Konsum ankurbeln dürfte, da mehr Menschen in stabile Beschäftigungsverhältnisse gelangen und höhere Einkommen erhalten.

    Ferner werden Änderungen bei den Einkommensteuertarifen und -rückvergütungen vorgenommen, wodurch mehr Geld in den Taschen einkommensschwacher Verbraucher verbleiben wird. Dazu gehören eine Erhöhung des Pauschalfreibetrags für Angestellte und eine Anhebung der Steuerfreibeträge für Familienrenten. Durch die Senkung der Steuerlast für die unteren Einkommensgruppen sollen die verfügbaren Einkommen gesteigert werden, was zu höheren Ausgaben und damit zu mehr Konsum führen soll. Diese strategischen Maßnahmen sind ein umfassender Ansatz zur Förderung von langfristiger wirtschaftlicher Stabilität und Wachstum, indem die Verbraucher und ihre Kaufkraft gestärkt werden.

Fazit

Der Haushalt für das FJ25 bietet ein breites Spektrum an Gelegenheiten in verschiedenen Branchen, angetrieben durch eine strategische Mischung aus haushaltspolitischer Umsicht und wachstumsorientierten Maßnahmen. Wir können Chancen für Aktienanlagen in verschiedenen Sektoren erkennen, da Reformen den Aufschwung in traditionellen Wirtschaftsbereichen beschleunigen, während die Digitalisierung Produktivitätssteigerungen im Konsumsektor, bei privaten und bei staatlichen Unternehmen fördert. Da sich der Konsum im Zuge von COVID normalisiert hat und sich die Wirtschaft auf Erholungspfaden befindet, sind die strategischen Maßnahmen des Haushaltsplans darauf ausgerichtet, diese positive Dynamik zu unterstützen.

Schlussfolgernd lässt sich feststellen, dass der Haushalt für das FJ25 einen umsichtigen, aber dennoch wachstumsorientierten Ansatz verfolgt, der sich auf Haushaltsdisziplin, strategische Investitionen und gezielte Maßnahmen zur Ankurbelung von Produktion, Beschäftigung und Konsum konzentriert. Zusammengenommen zielen diese Bemühungen darauf ab, die Wirtschaft für eine nachhaltige Erholung und ein langfristiges Wachstum zu positionieren und Indiens Präsenz auf der globalen Wirtschaftsbühne vorteilhaft zu gestalten.

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