Update Magazin I/2023

Dividenden: Stabilität in instabilen Zeiten

Krieg in Europa, eine Pandemie, die zur Endemie wird, steigende Energiepreise, aufgewühlte Aktien- und Anleihemärkte dazu die Erkenntnis: Die Inflation ist gekommen, um zu bleiben. Grundsätzlich gilt: Dividenden könnten Aktieninvestoren mit einem standfesten Fundament versorgen. Aber wie haben sich Dividenden in diesem Umfeld geschlagen? Zeit für eine Tiefenbohrung.


Update Magazin I/2023
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Die Inflation ist zurück. Auch wenn sie ihren Scheitelpunkt, den „peak inflation“, in den großen Regionen der Welt überschritten haben dürfte, so ist sie gekommen, um zu bleiben. Vom Jahr 2023 ist daher zu erwarten, dass sich die Geldpolitiker vor allem von der US-Zentralbank Federal Reserve (Fed) und der Europäischen Zentralbank (EZB) weiterhin von ihrer falkenhaften Seite zeigen werden. Die Fed scheint sogar bereit zu sein, eine Anpassungsrezession in Kauf zu nehmen, um die Inflationserwartungen zu brechen. 

Auch die Geopolitik bleibt auf der Agenda. Ohne Zweifel war 2022 geopolitisch ein Ausnahmejahr. Das zeigt etwa der „Geopolitische Risikoindex“, welcher den Anteil an negativer Berichterstattung zu geopolitischen Ereignissen in Relation zur Gesamtzahl der Nachrichtenartikel von zehn US-Zeitungen misst. Der Index hat sich zwar nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine wieder normalisiert, aber das Ereignis wirkt natürlich fort. Auch erinnert der Indikator daran, wie angespannt die Lage über die vergangenen mehr als 30 Jahre war.

Trotzdem lautet der Befund: Die Erholung bei den Dividendenausschüttungen nach dem Pandemiejahr 2020 setzte sich auch 2022 fort.1 Ein Beispiel: Der Anteil der Dividendenzahler im STOXX Europe 600 liegt zwar noch nicht ganz auf dem Niveau vor der Pandemie von 2019, hat aber im abgelaufenen Jahr weiter zugelegt und erreicht fast die 90-Prozent-Schwelle. Der S&P 500 konnte ebenfalls fast schon wieder zum vorherigen Niveau aufschließen. Im Falle Asiens, gemessen am MSCI Asien ex (siehe Chart A/).

Innerhalb Europas verlief die Entwicklung je nach Land differenzierter. Generell zeigt sich aber, dass das Jahr 2022 ein weiterer Schritt auf dem Weg zurück zur Normalität war. In den meisten der betrachteten Länder wurde der Anteil an Dividendenzahlern, wie er sich vor der Pandemie zeigte, (fast) wieder erreicht.

A/ ANTEIL DER DIVIDENDENZAHLER IN DEN JAHREN 2002–2022

Quellen: Datastream, Allianz Global Investors, Global Capital Markets & Thematic Research.Die frühere Wertentwicklung lässt nicht auf zukünftige Renditen schließen. Stand: 8. Dezember 2022.

Wenig überraschend ergibt sich auf Sektorenebene eine analoge Entwicklung: Der Anteil der Dividendenzahler hat wieder zugelegt. Gerade jene Sektoren, die am stärksten unter der Pandemie litten, haben auf Normalität umgestellt. Zu nennen sind – je nach Region etwas unterschiedlich – insbesondere die konjunktursensiblen „zyklischen“ Konsumgüter sowie Finanz- und Industriewerte. 

Wichtig dabei zu beachten: Die 2022 ausgeschütteten Dividenden wurden aus den bereits 2021 angefallenen Gewinnen gezahlt. Sie sind also nicht unmittelbar ein Abbild der Gewinnsituation des Jahres 2022, aber die Bereitschaft zur Dividendenausschüttung war dennoch etwas überraschend in Anbetracht all der Ereignisse. Diese wiedererlangte Normalität bei den Ausschüttungen kann als Beleg dafür genommen werden, dass den Unternehmen an einer stetigen, verlässlichen Dividendenpolitik liegt. 

Welchen Beitrag aber haben Dividenden an der Gesamtrendite von Aktien? Was sind die Lehren aus der Vergangenheit?

Renditeanteil von Dividenden

Wenngleich sich die Vergangenheit niemals wiederholt, sind einige Lehren daraus dennoch sehr interessant. Dabei zeigt sich: Dividenden können einem Portfolio mehr Stabilität verleihen, da Unternehmen zu einer Verstetigung bei den Auszahlungen neigen – von Krisenjahren abgesehen, wie etwa das auf den Ausbruch der globalen Finanzmarktkrise folgende Jahr 2009 oder eben auch 2020. 

Vor allem Investoren in europäischen Aktien konnten sich in der Vergangenheit über hohe Ausschüttungssummen freuen. Dieser Geldfluss half, die Gesamtperformance in Jahren negativer Kursentwicklung zu stabilisieren, wie die Betrachtung fünfjähriger Anlageperioden von 1978 bis Ende 2022 zeigt. Bezogen auf die annualisierte Rendite über fünf Jahre konnten Dividenden Kursverluste teilweise kompensieren. Über den gesamten Zeitraum von 1978 bis Ende 2022 wurde die annualisierte Gesamtrendite der Aktienanlage für den MSCI Europa zu ungefähr 35 Prozent durch den Performancebeitrag der Dividenden getragen. In Nordamerika (MSCI Nordamerika) beziehungsweise Asien-Pazifik (MSCI Pazifik) wurde die Gesamtperformance zu gut 26 beziehungsweise knapp 31 Prozent, also jeweils zu mehr als einem Viertel, durch die Dividende bestimmt.

 

Die Dividenden selbst schwanken im Allgemeinen weniger als die Konzerngewinne.

 

 

Beständige Dividendenpolitik

Doch Dividenden können nicht nur für mehr Renditestabilität bei Aktieninvestments sorgen. Die Dividenden selbst schwanken im Allgemeinen weniger als die Konzerngewinne, wie hauseigene Berechnungen auf Grundlage der Daten des Nobelpreisträgers Robert Shiller verdeutlichen.15 Ein Vergleich von Dividenden und Gewinnen der Indexmitglieder des S&P 500 von 1960 bis Ende 2021 zeigt, dass die Unternehmensgewinne weitaus größeren Schwankungen unterworfen waren als die Dividenden. Insbesondere während der letzten zehn Jahre war die Volatilität der Gewinne mit annualisiert knapp 13 Prozent deutlich größer als die Schwankungen der Dividenden mit leicht mehr als 4 Prozent pro Jahr (siehe Chart B/). 

Dazu kommt: Aktienkurse von Unternehmen, die eine Dividende zahlten, schwankten im Schnitt weniger (hatten also eine niedrige Volatilität) als solche, die keine Dividende ausschütteten. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Anteil der Nichtzahler in den betrachteten Indizes über die Zeit trendmäßig abgenommen hat. 

Dividenden können damit vielleicht nicht jedem Sturm – wie beispielsweise der Pandemie – standhalten. Doch sie können ein gewisses Maß an Verlässlichkeit und Stabilität schaffen, was gerade in Zeiten der Disruption sehr willkommen ist. Damit leisten sie einen großen Beitrag zur Gesamtrendite. Nicht schlecht in instabilen Zeiten.

B/ GERINGE SCHWANKUNGEN BEI DIVIDENDENZAHLUNGEN
VOLATILITÄT VON KONZERNGEWINNEN UND DIVIDENDEN DES S&P 500 VON 1961 BIS DEZEMBER 2021 (IN % P. A.)
GERINGE SCHWANKUNGEN BEI DIVIDENDENZAHLUNGEN

Quellen: Shiller, R., „U. S. Stock Price Data since 1871“; Allianz Global Investors, Global Capital Markets & Thematic Research, Stand: Dezember 2021.Die frühere Wertentwicklung lässt nicht auf zukünftige Renditen schließen.

1 Die „Dividendenzahler“ werden als Anteil jener Firmen eines Aktienindexes gemessen, die Dividenden ausgeschüttet haben, gegenüber jenen, die keine Ausschüttungen vorgenommen haben.
2 Shiller, Robert, „U.S. Stock Markets 1871-Present and CAPE Ratio“, zuletzt geprüft am 13. Dezember 2022.

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