Update Magazin I/2020

In die Welt von morgen investieren

07.04.2020
Kapitalmarkt-Implikationen 2019/2020

Zusammenfassung

Wie können Investoren von den Megatrends profitieren? Wie lassen sich daraus Investmentthemen konkretisieren? Bedarf es eines themenorientierten Investierens überhaupt oder werden die großen Trends nicht ohnehin in allen Mandaten dank aktiven Managements erfasst?

Ein Beitrag von Andreas Fruschki, Head of Thematic Equity und Dr. Hans-Jörg Naumer, Director Global Capital Markets & Thematic Research


Update Magazin I/2020
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Das Interesse an thematischem Investieren nimmt zu. Immer mehr Investoren fragen sich, wie sie von den Megatrends profitieren können. Nach unserer Überzeugung sind es vier Megatrends, welche Gegenwart und Zukunft prägen: 

Megatrends

Demographischer Wandel. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen wächst die Weltbevölkerung bis zum Jahr 2050 von aktuell ca. 7,5 Mrd. auf dann 10 Milliarden Menschen an. 2100 sollen es 11 Milliarden Menschen sein. Immer mehr Menschen, die immer länger leben. Während sich die Wachstumsraten weiter abschwächen, wird die Menschheit älter.

WACHSTUM DER EINWOHNERZAHL NACH REGION

WACHSTUM DER EINWOHNERZAHL NACH REGION

Quelle: Vereinte Nationen, Global Capital Markets & Thematic Research Allianz Global Investors1

 

Urbanisierung. Die Vereinten Nationen gehen davon aus, dass der Anteil der Weltbevölkerung, die in Städten lebt, von heute etwa 50% bis 2050 auf rund 70% steigen wird.

WELTBEVÖLKERUNG IN STÄDTEN

Vereinte Nationen, Global Capital Markets & Thematic Research Allianz Global Investors⁷
Quelle: Vereinte Nationen, Global Capital Markets & Thematic Research Allianz Global Investors1

 

Ressourcenknappheit. Dabei wird durch den Klimawandel immer deutlicher: Auch „Umwelt“ ist eine Ressource. Eine immer knapper werdende noch dazu. Nach Berechnungen des „Footprintnetwork“ übertrifft der biologische Fußabdruck der Menschheit bereits seit den frühen 1970er-Jahren die jährlich neu zur Verfügung gestellte Biokapazität. Das heißt, wir leben längst von der Substanz. Aktuell verbrauchen wir das 1,7-Fache dessen an Biokapazität, was uns die Erde zur Verfügung stellt. Trend: weiter steigend.

ÖKOLOGISCHER FUSSABDRUCK VS. BIOKAPAZITÄT

ÖKOLOGISCHER FUSSABDRUCK VS. BIOKAPAZITÄT

Quelle: Global Footprint Network, http://data.footprintnetwork.org/#/ (02.08.2018). Biokapazität gemessen in Millionen globalen Hektar (gha)1

 

Technologischer Fortschritt entlang der Schlüsselbegriffe „Digitalisierung“ und „künstliche Intelligenz“. 

WIR ERLEBEN DERZEIT DIE 4. INDUSTRIELLE REVOLUTION

WIR ERLEBEN DERZEIT DIE 4. INDUSTRIELLE REVOLUTION
Quelle: Bitcom, iw, Allianz Global Investors1

#FinanceForFuture

Diese vier Megatrends sind dabei nicht isoliert zu sehen. Sie interagieren. „Die schöpferische Kraft der Zerstörung“, wie Schumpeter die „Disruption“ genannt hätte, hilft z.B., durch Innovationen den C02 -Ausstoß zu reduzieren, z.B. durch „Smart Grids“, die erneuerbare Energien als Hauptenergieträger erst ermöglichen. Städte werden zu grünen „Smart Cities“ – Anbauflächen für Agrarprodukte, in denen der Verkehr durch autonomes Fahren und auf KI basierender Verkehrssteuerung optimiert wird. 

Und immer wieder geht es um Klima- und Umweltschutz. Nicht zuletzt die von den Vereinten Nationen ausgerufenen 17 Ziele zur nachhaltigen Entwicklung verdeutlichen, dass es dabei ohne Wachstum nicht gehen wird. Im Gegenteil. Der gigantische demographische wie ökologische Aufholprozess der aufstrebenden Länder verdeutlicht, dass ein Nullwachstum nicht die Lösung sein kann. Und: Wie sollen auch Entwicklungsziele wie das Ende des Hungers oder die Bekämpfung der Armut erreicht werden? Wie soll jenes Drittel der Menschheit, das bis 2050 auf dem blauen Planeten noch dazukommen wird, ernährt werden und menschenwürdig leben können, wenn nicht durch Wachstum? Das zeigt: Wachstum ist keine Frage des „Ob“, sondern des „Wie“. Die EUKommission wird mit ihrem „Green New Deal“ Milliarden an Euro in die Hand nehmen. Investoren können selbiges tun, um in diesen Trend zu investieren. Es geht um nichts weniger als um #FinanceForFuture.

 

A/ ALLIANZ THEMATICA: PORTFOLIOALLOKATION PER DEZEMBER 2019


Themenallokation (%) 

ALLIANZ THEMATICA: PORTFOLIOALLOKATION PER DEZEMBER 2019 

Quelle: Allianz Global Investors; Stand: 31. Dezember 2019. Dies ist keine Empfehlung oder Aufforderung zum Erwerb oder zur Veräußerung einzelner Wertpapiere. Die Darstellung erlaubt keine Prognose für eine zukünftige Portfolioallokation. Ein Erfolg der Strategie kann nicht garantiert und Verluste können nicht ausgeschlossen werden.

Vom Megatrend zum Einzeltitel

Doch wie lässt sich in diese Megatrends investieren? Megatrends selbst sind zu abstrakt, als dass man unmittelbar in sie investieren könnte. Sie müssen letztlich in einem Analyseprozess vom Megatrend zum Investmentthema und von da zum „Topic“ heruntergebrochen werden.
Beispiel Urbanisierung. Das Thema, das sich daraus ableitet, sind die Smart Cities. Elektrofahrzeuge sind dann die Ebene, wo ein Investor zugreifen kann – wenn er aus dem sich daraus ergebenden Anlageuniversum die am meisten Erfolg versprechenden Aktien herausfiltert. Es geht darum, möglichst einen „Pure Play“ zu finden; Titel, die sich ausschließlich auf das eine Topic konzentrieren – und dementsprechend potenziell am meisten vom zugrunde liegenden Thema profitieren können.

Ein anderes Beispiel bietet der ebenfalls sehr breit gefasste Megatrend Technologie und Innovation: Dieser allein ist als Unterscheidungskriterium zu wenig konkret, um Unternehmen voneinander abgrenzen zu können. Sucht man aber stattdessen nach konkreten Auswirkungen dieses Megatrends, so findet man bspw. das Thema „künstliche Intelligenz“ oder „Digitalisierung der Finanzindustrie“, welche beide neue Geschäftsmodelle hervorbringen und damit auch Gewinner und Verlierer am Aktienmarkt.

Aktuell erscheinen sieben Themen, die sich aus den Megatrends ableiten und die allesamt über eine Kombination von gezielt ausgesuchten Einzeltiteln investierbar gemacht werden können, besonders attraktiv: sauberes Wasser und sauberer Boden, digitales Leben, Gesundheitstechnologie, Energie der Zukunft, Bildung, künstliche Intelligenz und Haustier-Ökonomie (siehe Grafik A/).

Dabei gilt auch bei diesen Themen: Flexibilität ist Trumpf. Denn ähnlich wie bei an sich guten Fußballern gibt es auch bei langfristigen Aktienthemen zuweilen Formschwächen oder verletzungsbedingte Ausfälle, auf die man schnell reagieren muss. Hier ist es dann wichtig, gute Alternativen auf der Auswechselbank zu haben.
Modethemen, die medial gehypt werden, gehören meistens nicht ins Portfolio, wenn sie kein tragendes Geschäftsmodell haben, zu risikoreich und / oder aufgrund ihrer Größe nicht sinnvoll investierbar sind. „Selbstfahrende Autos“, „Blockchain“ oder „Crypto Currencies“ werden beispielsweise viel diskutiert, sind aber in ihrer Investierbarkeit am Aktienmarkt noch zu beschränkt.

Bleibt die Frage: warum extra „thematisches Investieren“? Dieser Ansatz erfreut sich einer zunehmenden Beliebtheit, wie die Fondsmittelzuflüsse der letzten Jahre zeigen, aber profitiert nicht jeder aktiv gemanagte Fonds von den Megatrends und den sich daraus ergebenden Themen?
Der Charme liegt in der Effektivität, mit der das Portfolio an ganz konkreten Veränderungen teilhaben kann. Thematisches Investieren verfolgt einen globalen Investitionsansatz, bei dem Titel allein nach ihrem Potenzial ausgesucht werden, ob sie an bestimmten Veränderungen positiv teilnehmen. Dabei muss der Themenfonds weder auf regionale, sektorale noch sonstige Begrenzungen Rücksicht nehmen. Er kann sich ausschließlich auf eine Auswahl an Titeln konzentrieren, die zu seinen Themen passen.

 

 


1 Soweit wir in diesem Dokument Prognosen oder Erwartungen äußern oder die Zukunft betreffende Aussagen machen, können diese Aussagen mit bekannten und unbekannten Risiken und Ungewissheiten verbunden sein. Die tatsächlichen Ergebnisse und Entwicklungen können daher wesentlich von den geäußerten Erwartungen und Annahmen abweichen. Es besteht unsererseits keine Verpflichtung, Zukunftsaussagen zu aktualisieren.

 

Investieren birgt Risiken. Der Wert einer Anlage und Ertrage daraus konnen sinken oder steigen. Investoren erhalten den investierten Betrag gegebenenfalls nicht in voller Hohe zuruck. Investitionen in festverzinslichen Wertpapieren konnen fur Investoren verschiedene Risiken beinhalten, einschlieslich – jedoch nicht ausschlieslich – Kreditwurdigkeits-, Zins-, Liquiditatsrisiko und Risiko eingeschrankter Flexibilitat. Veranderungen des wirtschaftlichen Umfelds und der Marktbedingungen konnen diese Risiken beeinflussen, was sich negativ auf den Wert der Investitionen auswirken kann. In Zeiten steigender Nominalzinsen werden die Werte der festverzinslichen Wertpapiere (auch Short-Positionen in Bezug auf festverzinsliche Wertpapiere) im Allgemeinen voraussichtlich zuruckgehen. Umgekehrt werden in Zeiten sinkender Zinsen die Werte der festverzinslichen Wertpapiere im Allgemeinen voraussichtlich steigen. Liquiditatsrisiken konnen moglicherweise dazu fuhren, dass Kontoauszahlungen oder -ruckzahlungen nur mit Verzogerung oder gar nicht moglich sind. Soweit wir in diesem Dokument Prognosen oder Erwartungen ausern oder die Zukunft betreffende Aussagen machen, konnen diese Aussagen mit bekannten und unbekannten Risiken und Ungewissheiten verbunden sein. Die tatsachlichen Ergebnisse und Entwicklungen konnen daher wesentlich von den geauserten Erwartungen und Annahmen abweichen. Es besteht unsererseits keine Verpflichtung, Zukunftsaussagen zu aktualisieren Die fruhere Wertentwicklung ist kein verlasslicher Indikator fur kunftige Ergebnisse. Wenn die Wahrung, in der die fruhere Wertentwicklung dargestellt wird, von der Heimatwahrung des Anlegers abweicht, sollte der Anleger beachten, dass die dargestellte Wertentwicklung aufgrund von Wechselkursschwankungen hoher oder niedriger sein kann, wenn sie in die lokale Wahrung des Anlegers umgerechnet wird. Die dargestellten Einschatzungen und Meinungen sind die des Herausgebers und/oder verbundener Unternehmen zum Veroffentlichungszeitpunkt und konnen sich – ohne Mitteilung daruber – andern. Die verwendeten Daten stammen aus verschiedenen Quellen und wurden als korrekt und verlasslich bewertet, jedoch nicht unabhangig uberpruft; ihre Vollstandigkeit und Richtigkeit sind nicht garantiert. Es wird keine Haftung fur direkte oder indirekte Schaden aus deren Verwendung ubernommen, soweit nicht grob fahrlassig oder vorsatzlich verursacht. Bestehende oder zukunftige Angebots- oder Vertragsbedingungen geniesen Vorrang. Die Vervielfaltigung, Veroffentlichung sowie die Weitergabe des Inhalts in jedweder Form ist nicht gestattet; es sei denn, dies wurde durch Allianz Global Investors GmbH explizit gestattet. Fur Investoren in Europa (exklusive Schweiz) Dies ist eine Marketingmitteilung, herausgegeben von Allianz Global Investors GmbH, www.allianzgi.de, einer Kapitalverwaltungsgesellschaft mit beschrankter Haftung, gegrundet in Deutschland; Sitz: Bockenheimer Landstr. 42–44, 60323 Frankfurt/M., Handelsregister des Amtsgerichts Frankfurt/M., HRB 9340; zugelassen von der Bundesanstalt fur Finanzdienstleistungsaufsicht (www.bafin.de). Allianz Global Investors GmbH hat eine Zweigniederlassung errichtet in Grosbritannien, Frankreich, Italien, Spanien, Luxemburg, Schweden, Belgien und in den Niederlanden. Die Kontaktdaten sowie Informationen zur lokalen Regulierung sind hier (www.allianzgi.com/Info) verfugbar. Fur Investoren in der Schweiz Dies ist eine Marketingmitteilung, herausgegeben von Allianz Global Investors (Schweiz) AG, einer 100 %igen Tochtergesellschaft der Allianz Global Investors GmbH. AD ID 1132670, 1098328, 1076346, 1085635, 1090969, 1080763, 1067082, 1095565

Update Magazin I/2020

Ist das Disinflationsdilemma der EZB hausgemacht?

von | 07.04.2020

Zusammenfassung

Im Januar 2020 hat die Europäische Zentralbank (EZB) mit der lange erwarteten Überprüfung ihrer geldpolitischen Strategie begonnen. Die Bestandsaufnahme sollte ursprünglich bis Jahresende abgeschlossen sein, wurde aber aufgrund der beispiellosen Herausforderungen durch die Coronakrise zuletzt bis Mitte 2021 verlängert. Ein Schwerpunkt wird hierbei auf der quantitativen Formulierung von Preisstabilität liegen. Vor diesem Hintergrund wird sich der EZB-Rat auch der grundlegenden, aber häufig vernachlässigten Frage stellen müssen, ob das derzeit verwendete Inflationsmaß – der Harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) – eine geeignete Grundlage für die Geldpolitik in der Eurozone darstellt.

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