Zins- und Zeitenwende meistern

Gold: glänzende Zukunft?

Die Dynamik am Goldmarkt ist im Wandel. Faktoren, die das gelbe Metall früher gestützt haben, rücken in den Hintergrund. Gleichzeitig treten neue Einflüsse zutage. Eines hat sich aus unserer Sicht aber nicht geändert: Der strategische Wert, den Gold in einem Portfolio haben kann.

Wichtigste Erkenntnisse
  • Nach zwei Jahren mit glänzender Entwicklung hat Gold seine Position als wichtiges Instrument für Portfoliodiversifizierung und Risikomanagement gestärkt.
  • Drei Faktoren haben die Goldpreisentwicklung traditionell geprägt: Eine Schwäche des US-Dollars, niedrige Realrenditen und stärkere Nachfrage von Kleinanlegern.
  • Nun scheint aber eine neue Gruppe von Einflüssen die Wertentwicklung von Gold zu bestimmen: anhaltende geopolitische Spannungen, steigende Haushaltsdefizite und Sorgen um die Staatsverschuldung.

Gold hat in den letzten zwei Jahren andere wichtige Assetklassen in den Schatten gestellt. Selbst im Vergleich zum anhaltend starken US-Aktienmarkt hat es sich hervorragend entwickelt (siehe umseitige Grafik 1).

Gold galt traditionell als sicherer Hafen. Nun könnte seine Wertentwicklung überraschen in Anbetracht eines Makroumfelds, das dem Abschneiden der Anlageklasse meist eher abträglich war. So kamen in der Vergangenheit robuste wirtschaftliche Bedingungen und die Monate vor bzw. nach US-Präsidentschaftswahlen eher riskanteren Anlagen wie Aktien und Energieträgern zugute.

Dennoch hat der Goldpreis seit dem vierten Quartal 2022 deutlich zugelegt.

Welche Kräfte haben nun den Aufwärtstrend des Goldes beeinflusst? Unseres Erachtens haben bisher drei Faktoren den Goldpreis bestimmt - während in Zukunft möglicherweise eine andere Dynamik entscheidend sein wird.

Grafik 1: Gold hat in den letzten zwei Jahren andere Assetklassen überflügelt
Annualisierte Rendite verschiedener Assetklassen zwischen Ende Oktober 2022 und Ende Oktober 2024

Quellen: AllianzGI, Bloomberg; Zeitraum 28.10.2022 bis 31.10.2024. Verwendete Bloomberg-Ticker: LEGATRUH Index, TUKXG Index, BCOMCLTR Index, BCOMXALT Index, SX5T Index, DJUSRET Index, JPEIGLBL Index, NKYNTR Index, NDUEEGF Index, NDUEACWF Index, SPXT Index, BCOMGCTR Index, LBUSTRUU Index, LF98TRUU Index.

Faktor 1: Schwäche des US-Dollars: Ein schwächerer Dollar stützt meist den Goldpreis, da er Gold für Käufer erschwinglicher macht. Dagegen übt eine Aufwertung des Dollar tendenziell Abwärtsdruck auf den Goldpreis aus.

Gold ist ein Asset mit zwei Gesichtern. Obwohl es ein Rohstoff ist – ein hartes Asset in Form und Gestalt – fungiert es auch seit alters her als Tauschmittel, was seine Position als Währung festigt. Deshalb ist der Goldpreis in der Regel eng mit dem US-Dollar verknüpft, der Weltreservewährung, von der viele andere Devisen abhängen und in der Rohstoffe notiert werden. Daher ist die Wertentwicklung von Gold eng mit derjenigen der US-Währung verbunden. Einer der gängigen Indikatoren für die Goldpreisentwicklung ist der breite handelsgewichtete US-Dollar-Index (DXY).


Faktor 2: Niedrige RealzinsenSind die realen Zinsen niedrig oder negativ, sind auch die Opportunitätskosten des Goldbesitzes geringer, was die Nachfrage erhöht. Umgekehrt ist Gold bei hohen Zinsen weniger attraktiv.

Der Goldpreis weist seit langem eine negative Korrelation mit globalen - insbesondere US-amerikanischen - Anleihen auf, wenn deren Renditen um die Inflation bereinigt werden (sogenannte Realrenditen).

Höhere Realrenditen lassen den Goldpreis tendenziell sinken, da das Edelmetall Anlegern keine laufenden Erträge bietet. Wenn die realen Zinsen aber niedrig oder negativ sind, werden die Erträge von Anleihen durch die Inflation aufgezehrt. Dann kann Gold ähnlich wie inflationsindexierte US-Staatsanleihen zur Wertaufbewahrung dienen (sog. Inflations-Hedge).


Faktor 3: Verstärkte Nachfrage von Privatanlegern nach GoldNeue Möglichkeiten, in Gold zu investieren, haben die Assetklasse für Privatanleger leichter zugänglich gemacht und den Goldpreis stark beeinflusst.

Privatanleger sind ein immer wichtigerer Faktor für den Goldpreis geworden. Die Einführung des ersten börsengehandelten Rohstoffwertpapiers (ETC) für Gold verhalf Privatanlegern zu einem besser skalierbaren und strukturierten Zugang zu dieser Assetklasse. Ein sprunghafter Anstieg der Nachfrage nach ETCs und börsengehandelten Goldfonds (ETFs) im Jahr 2011 trug dazu bei, den Preis des Metalls auf Rekordhöhen zu treiben.

Strukturelle Verschiebungen könnten den Goldmarkt verändern

Während die obengenannten Faktoren in den letzten 15 Jahren die wichtigsten Triebkräfte für den Goldpreis waren, zeichnet sich nun ein Wandel ab. Die beste Zeit für Gold war traditionell dann, wenn die Käufe von Gold-ETFs gleichzeitig mit dem Dollar-Index anzogen und die Realzinsen gefallen sind. Das zeigt unsere Regressionsanalyse,1 in dem in Grafik 2 dargestellten Modell.

Grafik 2: Traditionell ist der Goldpreis gestiegen, wenn die Goldbestände von ETFs zusammen mit dem Dollar gestiegen und die realen Renditen gesunken sind.

*p-Wert <0,01. Das Modell enthält keinen Abschnittswert. Alle drei Variablen waren in dem Regressionsmodell statistisch signifikant, das ein R-Quadrat von 0,39 erreichte. Quelle: Allianz Global Investors. Basierend auf monatlichen Zeitreihendaten zwischen 2008 und Ende Oktober 2024. Berechnung auf Basis einer Regressionsanalyse der Koeffizienten des Goldpreises, des US-Dollar-Index, der Goldbestände von ETFs und der realen Rendite 10-jähriger US-Staatsanleihen.

Bis Ende 2022 stand unser Modell, das die drei Faktoren abbildet, im Einklang mit dem Goldpreistrend. In den letzten zwei Jahren wich jedoch der modellbasierte Preis erheblich von der tatsächlichen Goldpreisentwicklung ab, wobei sich die Kluft im Zeitverlauf vergrößerte. Das Modell zeigte sogar gegenläufige Trends an (siehe Grafik 3). Die drei genannten Faktoren haben also nicht mehr zum jüngsten Goldpreisanstieg beigetragen.

Zwischen Oktober 2022 und Oktober 2024 fiel der Dollar-Index um 6,8 %, der Dollar wertete also auf. Die realen Renditen stiegen um 3,19%-Punkte und die Goldbestände von ETFs fielen um 11,4 %. Bei Fortbestehen der traditionellen Beziehung zwischen Gold und den drei früher maßgeblichen Faktoren wäre der Preis des Metalls um ca. 11 % gefallen. Tatsächlich legte die Notierung von Gold jedoch im genannten Zeitraum um etwa 70 % zu.

Was hat sich also am Markt geändert?

Grafik 3: Die traditionelle Beziehung zwischen dem Goldpreis und dem Kurs des US-Dollar, den Realrenditen und der Nachfrage von Privatanlegern hat sich aufgelöst.

Quelle: Analyse von AllianzGI.
Basierend auf monatlichen Zeitreihendaten zwischen 2008 und Ende Oktober 2024.

Wir meinen, dass in den letzten zwei Jahren ein struktureller Wandel stattgefunden hat, der hauptsächlich durch zwei Trends bedingt ist:

1. Anhaltende geopolitische Spannungen

Nach Angaben des World Gold Council kaufen die Zentralbanken weltweit seit dem 4. Quartal 2022 so schnell wie nie zuvor in der Geschichte Gold (siehe Grafik 4). Wir glauben, dass diese Käufe durch die verstärkten geopolitischen Spannungen nach dem Einmarsch Russlands in der Ukraine und durch den Konflikt im Nahen Osten beschleunigt wurden.

Unseres Erachtens könnte diese Verschiebung Teil einer umfassenderen Entdollarisierung sein, bei der die Abhängigkeit von in Dollar notierten Assets angesichts globaler Unsicherheit und als Reaktion auf geopolitische Spannungen verringert wird. Diese strukturelle Verschiebung der Goldnachfrage könnte den Preis gestützt haben, auch wenn traditionelle Faktoren wie die Zuflüsse von ETFs einen schwächeren Trend anzeigten.

Grafik 4: Nettogoldkäufe der Zentralbanken sind in den letzten zwei Jahren gestiegen
Fortlaufende Nettokäufe der Zentralbanken über vier Quartale, in Tonnen**

** Datenstand: 30. September 2024.
Quelle: Metals Focus, World Gold Council.

2. Steigende Haushaltsdefizite und Sorgen um die Staatsverschuldung

Die fiskalpolitischen Rahmenbedingungen nach der Corona-Krise könnten ebenfalls zum jüngsten Aufschwung des Goldpreises beigetragen haben. Allerdings muss auch dieser Faktor noch sorgfältig geprüft werden:

  • Fiskalpolitik nach der Corona-Krise: Viele Länder, darunter auch die USA, haben mit hohen Staatsdefiziten zu kämpfen, nachdem sie während der Corona-Krise erhebliche Ausgaben zur Unterstützung ihrer Wirtschaft getätigt haben. Dies kann die Bedenken der Anleger hinsichtlich der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen verstärkt haben.
  • Steigender US-Schuldenstand: Auch die wachsende Staatsverschuldung der USA und gestiegene Zinsen könnten bei einigen Anlegern Zweifel an der langfristigen Tragfähigkeit der Schulden geweckt haben, weshalb Gold als Absicherung gegen das Länderrisiko dienen könnte.
  • Alternative zu US-Staatsanleihen: Die Realzinsen sind in den letzten zwei Jahren gestiegen, zum Teil als Reaktion auf die Besorgnis über die Nachhaltigkeit der US-Fiskalpolitik, die steigende Verschuldung und das höhere Zinsniveau. Dieser Renditeanstieg hat jedoch nicht wie in der Vergangenheit zu einem Rückgang des Goldpreises geführt. Stattdessen hat das Edelmetall hinzugewonnen, was auf seine wachsende Attraktivität als Alternative zu US-Staatsanleihen hindeutet.

In Anbetracht der begrenzten vierteljährlichen Daten zu den Goldreserven und der Komplexität der geopolitischen und fiskalischen Fragen warten wir auf weitere Daten, bevor wir endgültige Schlussfolgerungen zu diesen Trends ziehen.

Positive Aussichten für Gold

Unser Ausblick für Gold im Jahr 2025 bleibt positiv. So dürften weiterhin fiskalpolitische Bedenken und geopolitische Risiken die Wertentwicklung von Gold dominieren. Die staatlichen Defizite werden voraussichtlich weiter steigen, da die Regierungen mit hohen Schuldenlasten konfrontiert sind. Geopolitische Risiken und Bemühungen um eine Entdollarisierung dürften die starke Nachfrage der Zentralbanken nach Gold aufrechterhalten, auch wenn US-Präsident Donald Trump mit Zöllen auf Länder droht, die auf den Dollar verzichten wollen.

Für kurzfristige Preiskorrekturen sorgen können vorübergehende Entwicklungen wie Gewinnmitnahmen oder eine Aufwertung des US-Dollar. Aber diese Faktoren dürften den langfristigen Aufwärtstrend von Gold nicht brechen.

Wir halten Gold weiterhin für ein wichtiges Instrument zur Portfoliodiversifizierung und für das Risikomanagement. Die Entwicklung im Jahr 2024 zeigt, dass Gold auch unter ungünstigen Bedingungen eine Outperformance erzielen kann, was auf strukturellen Veränderungen wie steigender Nachfrage der Zentralbanken und instabilen Staatshaushalten basiert. Angesichts anhaltender staatlicher Defizite und geopolitischer Risiken dürfte der strategische Wert von Gold 2025 weiter steigen, zumal da traditionelle „sichere“ Anlagen wie Staatsanleihen an Attraktivität verlieren.

Anleger sollten eine langfristige Perspektive beibehalten und das Potenzial von Gold nutzen, um mit einem zunehmend komplexen und unsicheren globalen Finanzumfeld zurechtzukommen.

  • Disclaimer
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