Coronavirus und Künstliche Intelligenz: Die Zukunft des Gesundheitswesens?

07.04.2020

Zusammenfassung

Im 19. Jahrhundert hatten die Menschen durchschnittlich eine Lebenserwartung von 36 Jahren.1 Dank der modernen Medizin erreichen heute die meisten von uns ein hohes Alter. Und der Fortschritt geht weiter. Mit der Entwicklung der Künstlichen Intelligenz (KI) dürfte er sich sogar noch beschleunigen. Interessanterweise könnte gerade die Coronavirus-Pandemie als guter Testlauf für KI dienen. Noch ist es nicht möglich, Covid-19 direkt zu bekämpfen. Das neue Virus hat jedoch deutlich gemacht, wie KI die moderne Medizin künftig verändern kann.

Corona-Virus und Gesundheitswesen: Wie kann KI helfen?

Künstliche Intelligenz bietet ganz unterschiedliche Einsatzmöglichkeiten im Gesundheitssystem:

 

 
  • 1. Datenauswertung am Beispiel Corona-Virus

    Heutzutage werden in der Medizin enorme Datenmengen gesammelt. KI kann dabei behilflich sein, zu ermitteln, welche antiviralen Medikamente an ein spezifisches Protein in der Außenhülle eines Virus binden und es damit blockieren können. Diese Proteine ermöglichen es den Viren, in Zellen des menschlichen Körpers einzudringen und sich zu vermehren. KI kann auch mit Hilfe genetischer Daten virtuell zehntausende neuer Molekülverbindungen erstellen, die für eine Behandlung von Covid-19 potenziell in Frage kommen.

     

    Corona-Virus: So wurde es entdeckt

    Am 30. Dezember 2019 entdeckte das Start-up-Unternehmen BlueDot2 aus Toronto kurz nach Mitternacht eine Häufung von ungewöhnlichen Lungenentzündungen rund um einen Fleischmarkt in Wuhan.3 Nur einige Stunden später wurden die ersten Fälle der neuartigen Coronavirus-Erkrankungen diagnostiert. Noch am selben Tag informierte BlueDot seine Kunden in einem Bericht über seine Erkenntnisse.

    Das Unternehmen analysiert mit Hilfe KI-gestützter Algorithmen Mitteilungen öffentlicher Gesundheitsorganisationen, Meldungen in sozialen und traditionellen Medien, Ticketdaten globaler Fluggesellschaften, Meldungen zur Gesundheit des Viehbestands und demografische Daten.

    Wohlgemerkt: Es hat Covid-19 nicht entdeckt. Die Angaben in seinem Bericht ermöglichten es jedoch menschlichen Analysten, die Bedrohung durch die neue Krankheit zu interpretieren und zu erkennen. Dessen ungeachtet zeigt der Fall, dass KI künftig dabei helfen kann, ein Virus frühzeitig einzudämmen, bevor es sich ausbreitet.

     

    2. Datenauswertung zur grundlegenden Reformation des Gesundheitssystems 

    Auch Medikamente gegen andere, nicht verwandte Leiden wie z.B. rheumatoide Arthritis können daraufhin untersucht werden, ob sie zur Behandlung eingesetzt werden können. Und KI kann die klinische Entwicklung grundlegend reformieren; ihr Einsatz kann klinische Tests möglicherweise beschleunigen, sicherer gestalten und deutlich verbilligen.4

    All dies ist potenziell von großer Bedeutung, und wenn wir bereits heute über die entsprechende Technologie verfügten, hätte sie gegebenenfalls dazu beitragen können, die Ausbreitung von Covid-19 zu verhindern.

    Noch sind wir nicht ganz so weit. Aber KI wird bereits jetzt auf neue Art und Weise eingesetzt, um das Virus zu entdecken und zu bekämpfen.

     
  • Auch in der Diagnose kann KI hilfreich sein. Derzeit setzt ein Ärzteteam im Krankenhaus von Zhongnan GPU-gestützte KI-Software ein, um visuelle Anzeichen für das Virus zu erkennen.5 Die entsprechenden GPU-Prozessoren können mehrere Rechenvorgänge gleichzeitig ausführen und werden normalerweise für hochwertige Videospiele verwendet. Aufgrund dieses Rechentempos sind sie auch für KI-Anwendungen beliebt: GPUs können die für KI erforderlichen parallelen Rechenvorgänge ausführen.

    Das Unternehmen Infervision2 aus Beijing hat die Software entwickelt, mit deren Hilfe die Ärzte typische Symptome einer Virusinfektion erkennen; sie suchen nach Anzeichen für eine Lungenentzündung. Mit Hilfe von GPUs des Typs NVIDIA V100 analysieren sie dafür Tausende von CT-Aufnahmen. Vor dem Covid-19-Ausbruch wurde diese Technologie für die Diagnose von Lungenkrebs verwendet. Wenn das Virus damit erfolgreich diagnostiziert werden kann, könnte sich die Behandlung anderer Atemwegserkrankungen künftig grundlegend verändern.

  • Bei der Entwicklung von Impfstoffen spielt die Genomsequenzierung eine wichtige Rolle. Damit lassen sich Genmuster erkennen, die auf die Virulenz einer Krankheit schließen lassen, und genetische Faktoren, die für Immunität sorgen oder eine erfolgreiche Impfantwort sicherstellen.

    Die Kosten einer Genomsequenzierung sind im vergangenen Jahrzehnt dank des technischen Fortschritts deutlich von 10 Millionen US-Dollar auf lediglich 1.000 US-Dollar gesunken.6 Auch das Tempo hat sich deutlich erhöht. Zahlreiche Biotechnologie- und Pharmaunternehmen investieren hohe Beträge in die Weiterentwicklung der Technologie.

    Interessanterweise sind seit dem Ausbruch von Covid-19 auch große Technologiekonzerne an diesem Markt aktiv und könnten für weitere positive Entwicklungssprünge sorgen.

    Die großen chinesischen Technologiekonzerne Baidu2 und Alibaba2 haben z.B. ihre Instrumente und Anwendungen bereits zu einem frühen Zeitpunkt des Ausbruchs zur Bekämpfung des Virus zur Verfügung gestellt. Alibaba2 hat der Wissenschaft Gratiszugang zu seiner Genomsequenzierungs-KI angeboten.7 Baidu2 hat nachgezogen und bietet seine LinearFold-Algorithmen zur Unterstützung bei der Gensequenzierung an.

    Diese Technologien haben sich bereits bewährt. Die Zeit für eine Analyse der RNA-Sekundärstruktur des Virus konnte damit von 55 Minuten auf lediglich 27 Sekunden verkürzt werden.

 

 

KI könnte sich als positive disruptive Kraft im Gesundheitswesen erweisen

Junges Pärchen mit Hund

Durch Covid-19 könnte sich der Einsatz von KI in der modernen Medizin beschleunigen. KI dürfte sich künftig in zahlreichen weiteren Anwendungen bewähren:

 

  • Individuelle Behandlungen:
    Derzeit werden Medikamente für den Massenmarkt entwickelt, was dazu führt, dass einige Patienten mit ernsthaften Nebenwirkungen zu kämpfen haben. Durch eine personalisierte Medizin könnten solche Nebenwirkungen möglicherweise vermieden werden, und es wäre möglich, die Behandlung zielgerichteter auf die genetische Ausstattung des einzelnen Patienten abzustimmen.

    Dies wäre in der Vergangenheit viel zu kostspielig gewesen. Da KI die Gensequenzierung jedoch deutlich erschwinglicher gemacht hat, rückt diese Möglichkeit in greifbarere Nähe.

  • Gentherapien:
    Gentherapien wären ein weiterer möglicher Anwendungsbereich; damit ließen sich z.B. Leiden wie Krebs behandeln. Bei Gentherapien wird mit Hilfe von viralen Vektoren neues genetisches Material in die Körperzellen eines Patienten eingeschleust, um so ein Leiden an der Wurzel zu bekämpfen.


    KI wird bereits zur Beschleunigung und Verbilligung von Gensequenzierungen eingesetzt, was potenziell neue Behandlungsmöglichkeiten durch Gentherapie eröffnet. Auch Gene Editing könnte verbessert werden, und eventuell ließen sich Algorithmen entwickeln, die komplexere Krankheiten besser erfassen und so eine Gentherapie möglich machen.

Eines Tages könnten personalisierte Medizin und Gentherapie dank KI zum Standard in der Medizin werden. Das Gesundheitswesen würde sich dadurch grundlegend verändern.

 

Covid-19 wird möglicherweise dazu führen, dass wir über KI und Medizin in Zukunft ganz anders denken. KI kann potenziell jedoch alle Sektoren grundlegend verändern und die Wachstumsraten durch höhere Produktivität, Qualität, Effizienz und Zeitersparnis steigern. Die rasche Entwicklung der KI kann sowohl für den Einzelnen als auch für die Gesellschaft insgesamt und die Wirtschaft sehr vorteilhaft sein.

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Allianz Global Artificial Intelligence 

 


1 BestMedicalDegrees.com. 2020. The Evolution Of Medicine - Bestmedicaldegrees.Com. [online] Verfügbar unter: https://www.bestmedicaldegrees.com/evolution/> [Abgerufen am 22. März 2020].
2 Dies ist keine Empfehlung oder Aufforderung zum Erwerb oder Veräußerung einzelner Wertpapiere.
3 Stieg, C., 2020. How This Canadian Start-Up Spotted Coronavirus Before Everyone Else Knew About It. [online] CNBC. Verfügbar unter: <https://www.cnbc. com/2020/03/03/bluedot-used-artificial-intelligence-to-predict-coronavirus-spread.html> [Abgerufen am 22. März 2020].
4 https://www2.deloitte.com/us/en/insights/industry/life-sciences/artificial-intelligence-in-clinical-trials.html [Abgerufen am 30. März 2020].
5 News.developer.nvidia.com. 2020. AI Helps Doctors Diagnose The Coronavirus – NVIDIA Developer News Center. [online] Verfügbar unter: <https://news.developer.nvidia.com/ai-helps-doctors-diagnose-the-coronavirus/> [Abgerufen am 22. März 2020].
6 En.wikipedia.org. 2020. $1,000 Genome. [online] Verfügbar unter: <https://en.wikipedia.org/wiki/$1,000_genome> [Abgerufen am 22. März 2020].
7 South China Morning Post. 2020. Alibaba And Baidu Offer AI Gene Sequencing Tools To Help Fight The China Coronavirus Outbreak. [online] Verfügbar unter: https://www.scmp.com/tech/big-tech/article/3048317/alibaba-and-baidu-offer-ai-gene-sequencing-tools-help-fight-china [Abgerufen am 22. März 2020].


 

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Künstliche Intelligenz für mehr Nachhaltigkeit - #AIForFuture

von | 17.04.2020
Biobäuerin mit Ähren und Tablet

Zusammenfassung

Künstliche Intelligenz und Nachhaltigkeit – was auf den ersten Blick nur wenig gemeinsam zu haben scheint, eröffnet auf den zweiten Blick große Chancen. Dr. Hans-Jörg Naumer erläutert in seinem Beitrag, wie Künstliche Intelligenz genutzt werden kann, um unsere Gesellschaft und Wirtschaft nachhaltiger zu gestalten.

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