Krise in der Ukraine: Unser Investmentausblick

07.03.2022
Board mit Finanzkennzahlen

Zusammenfassung

Russlands Invasion der Ukraine hat die Finanzmärkte erschüttert, die sich ohnehin schon auf steigende Inflationsraten und eine mögliche Straffung der Geldpolitik seitens der Zentralbanken einstellen mussten. Die Anleger sollten einerseits Vorsicht walten lassen, sich andererseits aber auch für mögliche Chancen bereit halten.

  • Aus Anlegersicht ist eine defensivere Positionierung zu erwägen, einschließlich „sicherer Häfen“ wie Gold oder Staatsanleihen mit längerer Laufzeit
  • Bei Aktien ist eine Diversifizierung nach Themen und Stilen (z.B. Wachstum und Value) weiterhin sinnvoll
  • Im Fixed Income-Bereich dürften sich bald Gelegenheiten bieten, wieder eine neutrale Duration-Position einzunehmen und bei Unternehmensanleihen stärker ins Risiko zu gehen

Bei diesem Artikel handelt es sich um eine Zusammenfassung unseres Webcasts vom 1. März zur Invasion russischer Truppen in der Ukraine.

Nach der Invasion der Ukraine durch russische Truppen ist die geopolitische Unsicherheit auch an den Finanzmärkten so hoch wie seit dem zweiten Weltkrieg nicht mehr. Aus Anlegersicht ist es sinnvoll, sich defensiv zu positionieren und sich gleichzeitig auf Gelegenheiten vorzubereiten, die gerade durch die Marktvolatilität entstehen können.

Außerhalb Russlands haben die Märkte bisher relativ moderat reagiert; es ist nicht zu Chaos gekommen. Die Risiken nehmen jedoch zu. Höhere Rohstoffpreise wirken faktisch wie eine Steuer auf die Produktion und erhöhen das Risiko einer Stagflation . Gleichzeitig bringt der Ausschluss Russlands aus dem Finanzsystem – ein so noch nie unternommener Schritt – seine eigenen Risiken mit sich.

Die Situation an den Märkten war bereits vor der Invasion russischer Streitkräfte in der Ukraine am 21. Februar 2022 kompliziert. Nach einer jahrelangen Hausse wollten die Zentralbanken die ultralockeren monetären Bedingungen beenden und die Geldpolitik restriktiver gestalten, um die Inflation vor dem Hintergrund hoher Preise für Vermögenswerte zu bekämpfen.

Aufgrund der Invasion könnten die Zentralbanken einige geplante Straffungsschritte verschieben. Gleichzeitig steigt das Risiko, dass es erneut zu wirtschaftlichen Turbulenzen kommt.

„Wir bleiben vorerst bei unserer defensiven Position“, erklärte Gregor MA Hirt, Global Chief Investment Officer (CIO) Multi-Asset, gegenüber Anlegern in einem Webcast von Allianz Global Investors zum Thema Ukraine am 1. März.

„Wir hatten bereits vor der Krise in unserem Multi Asset Fundamental Investment Committee beschlossen, das Risiko zu reduzieren, weil wir mit umfangreicheren Schritten der Zentralbanken rechneten. In den vergangenen Wochen haben wir das Kapital noch stärker in sichere Häfen umgeschichtet, die Position in Gold erhöht und vor dem Hintergrund unserer Inflationsprognosen aus taktischen Erwägungen einige Staatsanleihen mit längerer Laufzeit hinzugekauft. Im zyklischen Segment halten wir Rohstoffe, die aufgrund der Inflationsentwicklung sowie der Befürchtung, dass der bewaffnete Angriff zu Verwerfungen führen könnte, positiv zum Ertrag beitragen sollten.“

Häufig heißt es, man solle kaufen, wenn die Kanonen donnern. Hirt hält dies jedoch für eine allzu starke Vereinfachung. Ein solcher Ansatz hat sich z.B. im Jom-Kippur-Krieg im Jahr 1973 nicht ausgezahlt, als Rohstoffpreise und Inflation in ähnlicher Weise anstiegen. Dennoch sieht Hirt Chancen, z.B. bei US-Hochzinsanleihen, weil das Wirtschaftswachstum in den USA kräftig bleiben sollte.

Aktien: Rückbesinnung auf einige Grundlagen

Am Aktienmarkt sollte man sich nach Auffassung von Virginie Maisonneuve, Global CIO Equity, auf einige zentrale Punkte konzentrieren:

  • Auswirkungen des Inflationsdrucks auf die Wachstumsaussichten und die Preissetzungsmacht einzelner Unternehmen
  • Verschiebungen bei der Wettbewerbsfähigkeit von Ländern und Unternehmen infolge des krisenbedingten „Angebotsschocks“ bei Energie und anderen Rohstoffen
  • Beschleunigung der Umstellung auf erneuerbare Energien in Europa und Neuausrichtung der Energiepolitik unter Gesichtspunkten der nationalen Sicherheit
  • Chinas Rolle in der Weltwirtschaft, vor allem angesichts seines abweichenden Kurses in der Geldpolitik und seines geopolitischen Einflusses (z.B. Beziehungen zu Russland)

„Im derzeitigen, volatilen Umfeld und aufgrund der vergleichsweise unklaren Aussichten nutzen wir relative Kursstärken bzw. -schwächen für Pair Trades“, so Maisonneuve. Zudem überprüft das Team aktiv Engagements in Aktien mit „sekundärem Russland-Exposure“, also Unternehmen, die nicht in Russland notiert sind und gegebenenfalls auch geschäftlich nicht viel mit Russland zu tun haben, deren Kurse aber überproportional von den Marktbefürchtungen in Mitleidenschaft gezogen werden. Cybersicherheitsunternehmen können im derzeitigen Umfeld Chancen bieten.

Maisonneuve geht davon aus, dass die Zentralbanken in den USA und Europa die Zinsen wegen der Ukraine-Krise wahrscheinlich langsamer anheben werden als zuvor erwartet. Sie rechnet jetzt damit, dass die US-Notenbank Federal Reserve („Fed“) ihren Leitzins bei der nächsten Sitzung um 25 und nicht, wie zuvor angenommen, um 50 Basispunkte erhöht. Die Europäische Zentralbank („EZB“) wird 2022 wohl nur einen Zinsschritt vornehmen, nicht zwei (wie bisher vom Konsens erwartet).

In diesem volatilen Umfeld sollte man sich wieder auf einige Grundlagen besinnen. Maisonneuve befürwortet weiterhin eine breite Diversifizierung über verschiedene Themen (z.B. Technologie oder Nachhaltigkeit) und Stile (z.B. Wachstum und Value) hinweg. Zum Thema Wachstum sagte sie: „Interessant sind qualitativ hochwertige Wachstumstitel, die konkretes Wachstum, Preissetzungsmacht, Umsätze und Gewinne bieten.“

Fixed Income: Ein Wendepunkt

Die Fixed Income-Portfolios von AllianzGI sind seit Anfang 2022 defensiv positioniert. Es ist ohnehin schwierig, sich an einem Wendepunkt sinnvoll zu positionieren: Die Inflationsraten steigen derzeit an, die Geldpolitik wird gestrafft, und zu all dem kommt eine geopolitische Krise hinzu. Da die Portfolios ihre Risikobudgets derzeit jedoch nur zu 40% nutzen , kann man durchaus vorsichtig weiter ins Risiko gehen.

„Nachdem wir die Zinsduration im vergangenen Jahr untergewichtet hatten, haben wir unsere Portfolios zuletzt einer neutralen Duration angenähert. Wir wollen in Rentenmärkten investieren, wo bereits umfangreiche Zinserhöhungen eingepreist sind, z.B. in den USA“, erläuterte Julian Le Beron, CIO Core Fixed Income. „Auch bei Unternehmensanleihen waren wir bisher sehr defensiv. Jetzt ist praktisch ein Kursniveau erreicht, bei dem wir Anleihen mit Renditeaufschlägen – seien es nun Investment Grade- oder Hochzinsanleihen – in die Portfolios aufnehmen wollen.“

Le Beron will Indizes für Schwellenländeranleihen genau im Auge behalten, weil Russland möglicherweise aus diesen Indizes herausgenommen wird. In diesem Falle müssen die Anleger überlegen, was sie vor dem Hintergrund eines wenig liquiden Handels mit eventuellen Positionen in russischen Anleihen anfangen wollen.

Außerdem, so Le Beron, muss man die möglichen Reaktionen der Zentralbanken auf eine Inflationsbeschleunigung und den daraus entstehenden Druck auf die realen Einkommen in Rechnung stellen.

„Unseres Erachtens wird die Fed zu Zinsanhebungen gezwungen sein, um dem kurzfristigen Inflationsdruck entgegenzutreten. Die Renditestrukturkurve könnte sich daher abflachen, wenn das Risiko politischer Fehlentscheidungen zunimmt“, erläuterte er. „Uns macht der eher der mittelfristige Wachstumsausblick Sorgen. Nicht zuletzt aufgrund dieser Befürchtungen wollen wir bei der Zinsduration wieder eine neutrale Position einnehmen.“

Anleger, die gerade während dieser volatilen Marktphase Chancen nutzen wollen, sollten entsprechende Umschichtungen ihrer Anlageportfolios in Betracht ziehen. Kurzfristig ist jedoch nach wie vor ein defensiver Ansatz zu empfehlen.

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1 Stagflation: eine Phase mit hohen Inflationsraten, langsamem Wachstum und hoher Arbeitslosigkeit.
2 Wenn die Zentralbanken eine „lockere Geldpolitik“ verfolgen, erhöhen sie die Geldmenge durch niedrige Zinsen, Käufe von Vermögenswerten etc., um das Wirtschaftswachstum anzukurbeln. Dies wird auch als „expansive“ oder „akkommodierende“ Geldpolitik bezeichnet.
3 Mit Hilfe von Risikobudgets wird das Risiko eines Portfolios auf verschiedene Anlageklassen verteilt, um den Gesamtertrag des Portfolios zu erhöhen und das Gesamtrisiko des Portfolios möglichst gering zu halten.
4 Die Duration misst das Zinsrisiko einer Anleihe. Allgemein gilt: Je länger die Duration einer Anleihe, desto sensibler reagiert sie auf Zinsänderungen.

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Wachstum. Auf die chinesische Art.

Im Jahr des Tigers sollten Anleger bei Chancen am Aktienmarkt zuschlagen

10.03.2022
Im Jahr des Tigers sollten Anleger bei Chancen am Aktienmarkt zuschlagen

Zusammenfassung

2021 dämpften Sorgen wegen Zinsanhebungen und verschärfter Regulierungen die Kursentwicklung an den chinesischen Aktienmärkten. Im neuen Jahr ist die Regierung jedoch entschieden auf einen wachstumsfördernden Kurs eingeschwenkt. Damit sind die Aussichten für Aktien im Jahr 2022 günstiger.

  • Die chinesische Regierung verfolgt inzwischen eine wachstumsfreundlichere Politik, so dass die Bedingungen für die Aktienmärkte 2022 günstiger sein sollten
  • Aus Anlegersicht lohnt sich gegebenenfalls eine Umschichtung der Aktienallokationen in China, um von der lockereren Geldpolitik und höheren Staatsausgaben zu profitieren
  • Langfristige Trends, u.a. hohe Unternehmensinvestitionen in neue Technologien, das Interesse an einem gesünderen Lebensstil und weitere Finanzmarktreformen, könnten Chancen bieten

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