Update Magazin III/2020

Private Equity: Den langfristigen Trends auf der Spur

27.11.2020
Kapitalmarkt-Implikationen 2019/2020

Zusammenfassung

Konsistent, langfristig und diversifiziert investieren – das ist, kurz gesagt, die Erfolgsformel für Private-Equity-Anleger. Die Details dazu erläutert Michael Lindauer von Allianz Capital Partners.


Update Magazin III/2020
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Herr Lindauer, Private Equity ist heute in aller Munde. Die Allianz ist schon lange in dieser Assetklasse aktiv. Wie sind Sie aufgestellt?

Michael Lindauer: Wir haben bereits 1996 begonnen, für die Allianz Gesellschaften in Private-Equity-Fonds anzulegen, und gehören zu den größten Investoren weltweit. So haben wir z. B. im Jahr 2019 über 3 Milliarden Euro in einer Kombination aus Fondszeichnungen und direkten Investments in diesem Segment investiert. In den letzten 25 Jahren haben wir ein Portfolio von über 400 Primär- und Sekundärfonds sowie Co-Investments aufgebaut. Die ACP, die neben Private Equity auch in Infrastruktur und erneuerbare Energien investiert, hat insgesamt 130 MitarbeiterInnen. Davon arbeiten 21 im Investment- und weitere 10 Kollegen im Asset Management-Team für Private Equity, verteilt auf Büros in München, New York und Singapur.

Mit wie vielen Fondsmanagern arbeiten Sie zusammen?

Michael Lindauer: Mit über 200, weil eine Geschäftsbeziehung wegen der langen Fondslaufzeiten ja immer nur langsam ausläuft. Aktive Relationships pflegen wir mit etwa 100 Fondsmanagern. Aktiv bedeutet, dass wir in deren aktuell letztem Fonds investiert sind und planen, auch den kommenden Fonds zu zeichnen. Das ist aber immer wieder eine neue Investitionsentscheidung.

Wie performt das Private-Equity-Programm?

Michael Lindauer: Wir veröffentlichen für die einzelnen Asset-Sparten keine Renditezahlen. Wichtig ist für uns, dass die Rendite, absolut betrachtet, interessant ist und eine Überrendite zu Aktien erzielt wird. An den gestiegenen Volumina lässt sich ablesen, dass wir auf einem guten Wachstumspfad sind. Heute sind wir für die Allianz mit über 17 Mrd. Euro in Private Equity investiert, 2015 waren es noch 8 Mrd. Euro. Das liegt zum einen daran, dass sich in diesem Zeitraum die gesamte Assetklasse generell stark vergrößert hat, zum anderen, dass das Lebensversicherungsgeschäft wächst und von der Garantie weggeht. So vergrößern sich die Möglichkeiten, in Alternatives zu investieren. Wichtig für uns ist: Die langfristige Wertschöpfung für unsere Kunden steht im Fokus. Deshalb bauen wir das Portfolio Schritt für Schritt auf. Wir wollen auf keinen Fall auf einmal viel Geld investieren und dann feststellen müssen, dass es der falsche Zeitpunkt war.

Institutionelle Investoren – allen voran die Lebensversicherungsgesellschaften – sind auf eine planbare Rendite angewiesen, die auf ihre langfristigen Verpflichtungen abgestimmt ist. Deshalb spielen im Nullzinsumfeld alternative Anlagemärkte eine immer wichtigere Rolle. So ist auch das in Private Equity investierte Vermögen in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen. Der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young zufolge konnte allein im Jahr 2019 ein Transaktionsvolumen von 30 Milliarden Euro in Deutschland verzeichnet werden. Im Vergleich zum Vorjahr ist das ein Anstieg von 69 Prozent. Und auch für das laufende Jahr hat sich die Branche trotz der Corona-Krise als durchaus widerstandsfähig erwiesen.

Wie wirkt eine so einschneidende Krise wie die Covid-19 Pandemie auf Private Equity Investments?

Michael Lindauer: Kurzfristig hat Covid-19 aufgrund von Reisebeschränkungen und anderen Einschränkungen die Dealtätigkeit zunächst einmal erheblich verlangsamt und die Portfoliobewertungen wurden in Mitleidenschaft gezogen. Innerhalb unseres Portfolios sind wir aber zu größeren Teilen in Branchen wie etwa E-Commerce, Technologie und Gesundheitswesen investiert – diese Sektoren haben sich bisher als recht widerstandsfähig erwiesen. Seit Mai konnten wir wieder ein Anspringen der Märkte beobachten. Längerfristig ergeben sich aus so einer schwierigen Phase auch wieder Chancen, das gilt insbesondere für Private Equity. Bei entsprechender Auswahl haben sich historisch Krisenjahre als sehr gute Einstiegsjahre für Private Equity erwiesen. Darauf sind wir gut vorbereitet, mit unserem breit aufgestellten Team, unserer breiten Sektorabdeckung – und mit den bestehenden freien Mitteln, das für neue Investitionen zur Verfügung steht.

Zahlt sich gerade in einer solchen Phase die langjährige Erfahrung von ACP aus?

Michael Lindauer: Wir haben schon verschiedene Krisen durchlebt und können auf das zurückgreifen, was wir aus der Vergangenheit gelernt haben. Das – zusammen mit der starken Unterstützung der Allianz im Rücken – hilft uns, auch in extremen Phasen einen kühlen Kopf zu bewahren und uns darauf zu konzentrieren, neue Trends zu antizipieren und nach entsprechenden Investmentchancen zu suchen. Dabei hilft auch ein gutes Netzwerk. Mit einigen unserer Private-Equity-Partner arbeiten wir schon seit fast 20 Jahren zusammen. Die wissen, dass sie sich auch in schwierigen Zeiten auf uns verlassen können, und umgekehrt gilt das genauso.

Während der gegenwärtigen Krise haben sich unsere Private-Equity- Partner als verantwortungsbewusste Eigentümer von Unternehmen erwiesen.

Wird sich durch die Auswirkungen von Covid-19 die Bedeutung von Private Equity längerfristig verändern?

Michael Lindauer: Die derzeitige Situation wird sicher einige bestehende Entwicklungen verstärken. Der langfristige Trend zeigt, dass Private Equity an Bedeutung gewinnt. Das sieht man beispielsweise daran, dass die Anzahl der durch Private Equity finanzierten Unternehmen beinahe so hoch und in Teilen sogar größer ist als die Zahl börsennotierter Unternehmen. Während der gegenwärtigen Krise haben sich unsere Private-Equity-Partner bisher als verantwortungsbewusste Eigentümer von Unternehmen erwiesen und sind trotz einer allgemeinen Verlangsamung der M&A-Aktivitäten aktiv am Markt geblieben. Unter der Annahme, dass sich dieser Trend fortsetzt, wird das starke Governance- Modell von Private Equity bei Investoren und Unternehmenseigentümern noch an Attraktivität gewinnen und damit der Branche weiteren Auftrieb geben. Das erhöht die Auswahl interessanter Unternehmen, die für zukünftige Investitionen infrage kommen. Dadurch gehen wir davon aus, dass wir auch längerfristig attraktive, risikobereinigte Renditen in dieser Assetklasse sehen werden.

Wie gut sind denn grundsätzlich die Diversifikationsmöglichkeiten innerhalb von Private Equity?

Michael Lindauer: Hier bietet Private Equity viele Möglichkeiten, das Portfolio über die Auswahl der Manager, Branchen, Regionen und der Investitionsjahre zu diversifizieren. Wir investieren mit zahlreichen Partnern, von denen wir besonders überzeugt sind und mit denen gute Beziehungen bestehen. Wenn wir einen Fonds zeichnen, erfolgen die Abrufe über fünf Jahre. So schaffen wir eine gute Diversifikation über die Zeit. Das hilft gerade auch in der aktuellen Situation. Wie schon gesagt, Nach-Krisen-Jahre sind oft die besten Jahre.

Wenn Sie Private Equity mit der klassischen Aktienanlage vergleichen …

Michael Lindauer: … bietet Private Equity einige Pluspunkte, vor allem im Bereich der Governance. Private Unternehmen haben monatliche Boardmeetings und nicht nur eine jährliche Hauptversammlung. Somit werden diese von ihren Investoren enger geführt. Auch besteht kein Druck, jedes Quartal einen Rekordgewinn ausweisen zu müssen, sondern man kann das Unternehmen im Sinne einer langfristigen Wertschöpfung weiterentwickeln.

Wie diversifiziert die Allianz regional?

Michael Lindauer: Unsere Strategie ist, gleichgewichtet über die drei Kernregionen Amerika, Asien und Europa zu investieren. In Asien sind wir damit etwas übergewichtet, weil wir denken, dass dort die Wachstumsdynamiken langfristig besonders interessant sind und sich dadurch bei richtiger Auswahl immer wieder attraktive Investitionsmöglichkeiten auftun sollten.

Mit Mega-Buyouts lassen sich größere Beträge in kurzer Zeit unterbringen – aber auch profitabel?

Michael Lindauer: Mega-Buyouts sind wie große Tanker: nicht leicht um eine Kurve zu lenken, dafür führt nicht jeder Sturm zu Schlagseite. Small-Buyouts sind dagegen wie Segelboote: schnell und wendig, bei zu starkem Wind reißen aber die Segel. In unserem Portfolio hat beides Platz, weil wir überzeugt sind, dass sich beide gut ergänzen. Von einem gut laufenden Finanzierungsmarkt profitieren vor allem die größeren Transaktionen. Stehen die Zeichen auf Wachstum, ist das eher für kleinere Transaktionen von Vorteil. Unsere Philosophie ist es, grundsätzlich Schritt für Schritt vorzugehen und ein ausgewogenes Portfolio im Blick zu behalten.

Unsere Philosophie ist es, grundsätzlich Schritt für Schritt vorzugehen und ein ausgewogenes Portfolio im Blick zu behalten.

Wie „small“ kann man als Allianz investieren?

Michael Lindauer: Bei kleineren Fonds investieren wir ab 40 und bei größeren um die 200 Millionen Euro. Es gibt eine harte Grenze: Wir wollen nicht mehr als 50 Prozent an einem Fonds haben, normal sind für uns eher Fondsanteile von bis zu 20 Prozent. Unsere Strategie basiert auf einem breiteren Zugang zu Investmentmöglichkeiten und darauf, die richtigen Fondsmanagerinnen und -manager herauszupicken, die dann für uns anlegen. Wir investieren gerne mit sogenannten Spin-outs, wo uns bekannte Managerinnen und Manager einen eigenen Fonds gründen. Idealerweise kennen wir diese Leute bereits seit ein paar Jahren; für ein gesamtheitliches Bild holen wir auch Referenzen ein und nutzen unser internationales Netzwerk. Wir arbeiten auch mit einem Schattenportfolio, in dem wir uns Managerinnen und Manager vormerken, die wir gerne hätten. Alles in allem ein aufwendiger Prozess. Daher ist unser großes Team so wichtig. Um Trends zu antizipieren, muss man früh die richtigen Leute kennen, noch bevor neue Ideen entstehen. Daher sind wir (in normalen Zeiten) viel unterwegs und treffen viele Fondsmanagerinnen- und manager, die zu einem späteren Zeitpunkt für uns interessant sein können. Das ist weniger Kunst als Handwerk.

Wie bedenklich ist die Masse an freien Mitteln im Markt, das sogenannte Dry Powder?

Michael Lindauer: Im Vergleich zu Aktien relativiert sich das Dry-Powder-Volumen, es liegt nur bei um die zwei Prozent der entsprechenden Börsenkapitalisierung. Zuletzt waren die Eintrittspreise am Markt jedoch sehr hoch. Da nach wie vor viel Geld im Markt ist, bleibt das Risiko, dass A-Preise für B- oder sogar C-Assets bezahlt werden. Entsprechend gilt es hier weiterhin, sorgfältig zu agieren und trotz einer gewissen Euphorie für Private Equity selektiv vorzugehen. Wenn man das beherzigt, sehen wir weiterhin das Potenzial für attraktive Renditen im Markt. Wir sind daher auch in den jetzigen schwierigen Zeiten von der langfristigen Attraktivität der Assetklasse überzeugt.

Hat Private Equity einen besonderen Bezug zu Nachhaltigkeit?

Michael Lindauer: Nachhaltigkeit ist derzeit natürlich in aller Munde, ist aber für uns schon immer ein Thema gewesen. Wir stellen unser Kapital an die Fondsmanager über 10 und mehr Jahre zur Verfügung – wenn sich nach zwei Jahren herausstellt, dass jemand unlauter agiert, dann können Sie nur wenig machen. Darum haben wir schon immer vor Beginn einer Geschäftsbeziehung hinterfragt, ob und wie ein Partner die entsprechenden Vorgaben einhält. Ausformuliert haben wir für die General Partner unsere ESG-Vorgaben erstmals vor etwa zehn Jahren. Danach sind Verfeinerungen erfolgt. Bei der Manager-Auswahl achten wir zudem darauf, dass die Verantwortlichkeiten im Bereich ESG möglichst weit oben im Organigramm aufgehängt sind.

Was ist für Sie der größte Private-Equity-Mythos?

Michael Lindauer: Der größte Mythos ist, dass sich jeder zum Top-Quartil zählt. Wir orientieren uns lieber an unseren eigenen Renditevorgaben, die wir über einen Zyklus erreichen wollen. Dabei schauen wir auf die absolute Rendite. Schließlich gab es schon Vintage-Jahre, in denen auch das Top-Quartil negativ performt hat. Weitere Kriterien sind für uns die Überrendite zum Aktienmarkt und wie wir innerhalb des Private-Equity-Marktes abschneiden.

Was raten Sie Investoren, die neu in Private Equity investieren wollen?

Michael Lindauer: Der wichtigste Aspekt ist, konsistent, aber auf Basis eines robusten Auswahlprozesses zu investieren. Zu Beginn kann das mit erfahrenen Partnern leichter zu bewerkstelligen sein. Man muss die Assetklasse durchhalten können und eine sehr langfristige Perspektive haben. Damit sind wir das letzte Vierteljahrhundert sehr gut gefahren.

Allianz Capital Partners ist ein auf alternative Eigenkapitalanlagen spezialisierter Asset Manager der Allianz Gruppe und gehört zu Allianz Global Investors. Im März 2019 legte Allianz Capital Partners den Allianz European Infrastructure Fund auf, dessen erstes Closing mit einem Volumen von über 600 Mio. Euro Ende September stattfand. Im Rahmen des AEIF können professionelle Anleger zum ersten Mal gemeinsam mit der Allianz in Infrastrukturprojekte in Europa investieren. ACP verfügt über ein engmaschiges globales Netzwerk und ist am Markt gut bekannt. In diesem Jahr hat ACP bereits eine Investition in einen tschechischen Gasversorger und in den Breitbandausbau in Niederösterreich angekündigt.

Hinweis: Das Interview beruht in Teilen auf dem Beitrag „Schritt für Schritt an 2.500 Unternehmen beteiligt“ von Patrick Eisele, erschienen in portfolio institutionell, Dezember 2019.

Michael Lindauer 

 

Investieren birgt Risiken. Der Wert einer Anlage und Erträge daraus können sinken oder steigen. Investoren erhalten den investierten Betrag gegebenenfalls nicht in voller Höhe zurück. Investitionen in festverzinslichen Wertpapieren können für Investoren verschiedene Risiken beinhalten, einschließlich – jedoch nicht ausschließlich – Kreditwürdigkeits-, Zins-, Liquiditätsrisiko und Risiko eingeschränkter Flexibilität. Veränderungen des wirtschaftlichen Umfelds und der Marktbedingungen können diese Risiken beeinflussen, was sich negativ auf den Wert der Investitionen auswirken kann. In Zeiten steigender Nominalzinsen werden die Werte der festverzinslichen Wertpapiere (auch Short-Positionen in Bezug auf festverzinsliche Wertpapiere) im Allgemeinen voraussichtlich zurückgehen. Umgekehrt werden in Zeiten sinkender Zinsen die Werte der festverzinslichen Wertpapiere im Allgemeinen voraussichtlich steigen. Liquiditätsrisiken können möglicherweise dazu führen, dass Kontoauszahlungen oder -rückzahlungen nur mit Verzögerung oder gar nicht möglich sind. Soweit wir in diesem Dokument Prognosen oder Erwartungen äußern oder die Zukunft betreffende Aussagen machen, können diese Aussagen mit bekannten und unbekannten Risiken und Ungewissheiten verbunden sein. Die tatsächlichen Ergebnisse und Entwicklungen können daher wesentlich von den geäußerten Erwartungen und Annahmen abweichen. Es besteht unsererseits keine Verpflichtung, Zukunftsaussagen zu aktualisieren

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Update Magazin I/2021

Optionsbasiertes Risikomanagement in Zeiten von Extremereignissen

19.04.2021
Mann auf der Eiswand

Zusammenfassung

Institutionelle Investoren mussten in diesem Jahr erneut erleben, wie schnell und intensiv sich Krisenereignisse an Finanzmärkten und in Portfolios materialisieren. Einer geeigneten Risikomanagementstrategie kommt daher mehr denn je eine Schlüsselrolle zu. Die Autoren liefern eine differenzierte Betrachtung von optionsbasierten Risikomanagementansätzen, deren Vorteilen und den Möglichkeiten, die oft hohen Opportunitätskosten zu reduzieren.

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