Infrastructure Debt und ESG: Die Bedeutung strategischer Prioritätensetzung

27.03.2018
Infrastructure Debt und ESG

Zusammenfassung

Unter ESG-Gesichtspunkten zeichnen sich Fremdkapitalinvestitionen in Infrastruktur (Infrastructure Debt) meist durch ein niedriges Risikoprofil und durch positive Effekte auf ESG-Faktoren aus. Für institutionelle Anleger kann sich die Investition in Infrastrukturprojekte mit potenziell höherem ESG-Risiko aber lohnen.

Infrastructure Debt

Fremdkapitalinvestitionen in Infrastruktur (Infrastructure Debt) besitzen im Hinblick auf ESG-Faktoren (Umwelt, Soziales und Corporate Governance) im Allgemeinen ein niedriges Risikoprofil, und sie zeichnen sich häufig durch eine positive Auswirkung auf ESG-Faktoren aus. Aufgrund ihres stark durch Strukturierung geprägten Charakters – Kreditauflagen (Covenants) räumen Fremdkapitalanlegern während der Investment- Phase eine gewisse Kontrolle über ihre Investitionen ein – kann eine strategischen Segmentierung von Subsegmenten unter ESG-Gesichtspunkten sinnvoll sein. Dabei liefert der hohe Grad an Strukturierung die erforderlichen Mechanismen zur positiven Einflussnahme, sofern sich Investoren dazu entschließen, in Infrastrukturprojekte mit potenziell höherem ESG-Risiko zu investieren.

Indem „Nachhaltigkeit“ zu einem zentralen Kriterium für Investoren wird, besteht allerdings die Gefahr, dass sich daraus eine Kultur des „bloßen Abhakens“ entwickelt. Hier ist eine klare Strategie gefragt, um die begrenzten Kapazitäten für ein ESG-Engagement auf jene Bereiche zu konzentrieren, in denen die ESG-Risiken wie auch die möglichen positiven Auswirkungen nachhaltiger Investments am größten sind

Die Bedeutung eines strategischen ESG-Ansatzes

Ohne einen effizienten strategischen Risikobewertungsrahmen werden im besten Fall große Mengen an Daten und Einschätzungen mit geringem Nutzwert zu Investitionsvorhaben mit im Wesentlichen niedrigen ESG-Risiken generiert. Hierdurch wird das Portfoliomanagement mit unnötigen Kosten belastet, die am Ende von den Investoren getragen werden müssen.

Im schlimmsten Fall werden Manager und Investoren ohne eine Fokussierung ihres ESG-Ansatzes auf Bereiche mit hohem ESGPotenzial von einem Engagement bei Emittenten abgehalten, für die dieses notwendig und lohnenswert wäre. Im äußersten Fall könnte dies sogar zu einer Art „ESG-Protektionismus“ führen, bei dem beispielsweise Schwellenländer oder problematische Sektoren wie die Energieerzeugung aufgrund ihrer höheren ESG-Risiken generell ausgeklammert würden. Ein derartiger Ansatz würde nicht nur das Investmentrisiko der Investoren aufgrund geringerer Diversifizierung erhöhen. Sie ließe zudem außer Acht, dass „aktives Nichtstun“ unter ESGGesichtspunkten häufig die schlechteste Option ist.

Insbesondere Umweltauswirkungen sind im Kontext und nicht absolut zu betrachten: Zwar ist die Luftverschmutzung in den dicht besiedelten Großstädten der westlichen Welt aufgrund des hohen Aufkommens von Benzin- und Dieselfahrzeugen besorgniserregend, allerdings sind es nach wie vor die Schwellenländer, in denen die Lebenserwartung der Bevölkerung am stärksten durch die Luftverschmutzung beeinträchtigt wird. Dort stellt vor allem die Verbrennung fossiler Brennstoffe oder tierischer Exkremente in häuslichen Feuerstätten zur Wärmegewinnung ein erheblich größeres Gesundheitsrisiko dar. Vor diesem Hintergrund dürften sich Investitionen in die Energieerzeugung in solchen Ländern grundsätzlich positiv auswirken, sei es durch die Nutzung erneuerbarer Energien oder durch die Modernisierung traditioneller Methoden der Energieerzeugung.

Die Vorteile liegen auf der Hand

Stärken bei den ESG-Faktoren finden generell ihren Niederschlag in höheren Bonitätseinstufungen und niedrigeren Fremdkapitalkosten. Diese Parameter fließen wiederum in die Bewertung von Schuldtiteln zur Finanzierung von Infrastrukturprojekten ein. Somit profitieren Infrastrukturprojekte auch in ihrem eigenen Rating und Pricing von einem guten ESG-Rating der beteiligten Vertragspartner.

Zusätzlich profitieren Fremdkapitalinvestitionen in Infrastruktur von mehreren zusätzlichen Merkmalen, die bei traditionellen Anleiheemissionen im ESG-Kontext nicht auftreten:

1/ In den Emissionsbedingungen von Fremdkapitalinvestitionen in Infrastruktur ist in der Regel präzise dargelegt, für welchen Zweck die Finanzmittel verwendet werden, z. B. eine Projektfinanzierung zum Bau einer neuen Straße oder eines Windenergieparks.

2/ Im Unterschied zu Standardemissionen im Anleihen-Segment unterliegen Emittenten von Infrastrukturinvestments typischerweise zusätzlichen gesetzlichen oder vertraglichen Regulierungsvorschriften.

3/ Die Kreditauflagen (Covenants) von Fremdkapitalinvestitionen in Infrastruktur gehen üblicherweise weit über rein finanzielle Aspekte hinaus (z. B. Begrenzung des Fremdkapitalhebels oder Gewährung von Sicherheiten) und berühren die Durchführung der Geschäftsaktivitäten des Emittenten.

"Stärken bei den ESG-Faktoren finden generell ihren Niederschlag in höheren Bonitätseintstufungen und niedrigeren Fremdkapitalkosten."

Risikoprofile

Geringes ESG-Risiko
Zu einer Projektfinanzierung mit geringem ESG-Risiko zählt beispielsweise ein Projekt zum Bau eines Studentenwohnheims in Zusammenarbeit mit einer Universität in einer gefestigten Demokratie wie Großbritannien.

Die EU besitzt ein ausgeprägtes Rechts- und Regulierungssystem mit strikten Umweltvorgaben, Arbeitnehmerrechten, Antidiskriminierungsgesetzen, strengen Bestimmungen zur Bekämpfung von Geldwäsche und robusten Regelungen zu Gesundheit und Arbeitsschutz, die in allen Phasen der Lebensdauer des Projekts – insbesondere jedoch in der Konstruktionsphase – von Bedeutung sind.

Neben den genannten defensiven ESGRisikomerkmalen stellt der Ausbau der Universität ein Investment mit positiver Auswirkung dar: Verbesserung der Karrierechancen von Studenten sowie Förderung von Forschung und wirtschaftlicher Entwicklung. Zudem spielen Universitäten in vielen Städten eine wichtige Rolle als Schnittstellen wirtschaftlicher, künstlerischer und kultureller Aktivitäten.

Mittleres ESG-Risiko
Ein Beispiel für eine fremdkapitalbasierte Projektfinanzierung mit mittlerem Risiko wäre der Bau einer neuen Straße in einem Land mit mittlerem Einkommensniveau, etwa in Osteuropa. Eine neue Straße könnte sich zwar theoretisch negativ auf die unmittelbare lokale Umwelt auswirken, da hierdurch ein höheres Verkehrsaufkommen entsteht. Allerdings könnte etwa der Bau einer Innenstadtumgehung die Umweltund Verkehrsbelastung senken und dadurch zur Steigerung der Lebensqualität der Stadtbewohner beitragen.

Für ein Projekt mit mittlerem Risiko wird im Vorfeld der Investition eine zusammenfassende Kurzform der ESG-Risiken und der risikomindernden Faktoren im Rahmen der allgemeinen Prüfung von Risiken und risikomindernden Faktoren herangezogen.

Hohes ESG-Risiko
Ein Projekt mit hohem Risiko wäre beispielsweise die thermische Stromerzeugung in einem Schwellenland. Schwellenlandrisiken trägt Allianz Global Investors im Allgemeinen durch Zusammenarbeit mit Institutionen Rechnung, die beim Management dieser Risiken über eine entsprechende Erfahrung und Erfolgsbilanz verfügen. So hat AllianzGI einen der ersten Fonds zur Infrastrukturfinanzierung in Zusammenarbeit mit der IFC (International Finance Corporation, ein Mitglied der Weltbankgruppe) aufgelegt. Durch diesen Fonds können Investoren bei AllianzGI in ein Darlehensportfolio investieren, für das die IFC entsprechende Investments in Infrastrukturprojekte in Schwellenländern generiert und auch das Portfoliomanagement verantwortet.

Bei Co-Investments mit anderen internationalen Finanzinstitutionen wird in unserer ersten Due-Diligence-Phase die Angemessenheit ihrer ESG-Grundsätze und -Verfahren ermittelt, anstatt eine Due-Diligence-Prüfung für jedes Einzelinvestment vorzunehmen. Für unvorhergesehene Situationen behalten wir uns bestimmte Beteiligungs- Vetorechte vor.

AllianzGI verfolgt einen ganzheitlichen Bewertungsansatz, mit dem zunächst das ESG-Risikoprofil eines potenziellen Emittenten auf fundamentaler Basis ermittelt und anschließend einer von drei Kategorien (niedriges, mittleres oder hohes Risiko) zugeordnet wird.

Rahmenbedingungen

Bei fremdkapitalbasierten Projektfinanzierungen mit geringem ESG-Risiko stellt die Einhaltung lokaler Gesetze, emittentenspezifischer Regelungen und Vertragsbedingungen der Gegenpartei in der Regel indirekt eine umfassende Garantie im Hinblick auf ESG-Faktoren dar. Dies ermöglicht Investoren eine äußerst kosteneffiziente Kontrolle durch Aufnahme marktüblicher Covenants für Finanzierungsverträge und typischer Sanktionen bei Verstößen gegen diese Covenants – Aussetzung von Ausschüttungen auf das Eigenkapital bei geringfügigen Verstößen (bis zur Beseitigung dieser Verstöße), Verwertung von Sicherheiten und vorzeitige Fälligstellung bei erheblichen Verstößen. Eine spezifische ESG-Prüfung ist typischerweise nur für Investments mit höheren Risiken erforderlich.

Je stärker solche Projekte den in reifen Demokratien üblichen internationalen und regionalen Vereinbarungen zu Umweltzielen unterliegen, desto fraglicher ist es, dass ein Kapitalgeber mit den verschiedenen Facetten dieser politischen Rahmenbedingungen vertraut ist oder dass er gar am besten weiß, wie sich ein bestimmtes ökologisches oder sozio-ökonomisches Ziel erreichen lässt. Investoren sollten sich daher auf die Prüfung der Kreditwürdigkeit der zu finanzierenden Assets innerhalb des regulatorischen und vertraglichen Rahmens konzentrieren.

Was ist das Fazit?

Investoren, die das Thema ESG ernst nehmen, können ihr Rentenportfolio guten Gewissens diversifizieren, indem sie Teile in Fremdkapitalinvestitionen im Infrastrukturbereich allokieren. Darüber hinaus erlauben die strengen Kreditauflagen der zugrunde liegenden Transaktionen aktiven Managern eine Aufsichtsfunktion wahrzunehmen, in deren Rahmen sie die Einhaltung von Gesetzen und Vorschriften prüfen können, die in gefestigten Demokratien mit dem Ziel von Umweltschutz und Nachhaltigkeit eingeführt wurden1.



Adrian Jones Adrian Jones,
Direktor, Infrastructure Debt,
Allianz Global Investors

 



1) Ein Erfolg der Strategie kann nicht garantiert und Verluste können nicht ausgeschlossen werden.

Investieren birgt Risiken. Der Wert einer Anlage und Erträge daraus können sinken oder steigen. Investoren erhalten den investierten Betrag gegebenenfalls nicht in voller Höhe zurück. Die hierin enthaltenen Einschätzungen und Meinungen sind die des Herausgebers und / oder verbundener Unternehmen zum Zeitpunkt der Veröffentlichung und können sich – ohne Mitteilung hierüber – ändern. Die verwendeten Daten stammen aus unterschiedlichen Quellen und wurden als korrekt und verlässlich betrachtet, jedoch nicht unabhängig überprüft; ihre Vollständigkeit und Richtigkeit sind nicht garantiert und es wird keine Haftung für direkte oder indirekte Schäden aus deren Verwendung übernommen, soweit nicht durch grobe Fahrlässigkeit oder vorsätzliches Fehlverhalten verursacht. Bestehende oder zukünftige Angebots- oder Vertragsbedingungen genießen Vorrang. Dies ist eine Marketingmitteilung, herausgegeben von Allianz Global Investors (Schweiz) AG, einer 100%igen Tochtergesellschaft der Allianz Global Investors GmbH, die über Bewilligungen der FINMA (www.finma.ch) als Vertriebsträger sowie der OAKBV (Oberaufsichtskommission berufliche Vorsorge) zur Verwaltung von Vermögen der beruflichen Vorsorge verfügt. Diese Mitteilung genügt nicht allen gesetzlichen Anforderungen zur Gewährleistung der Unvoreingenommenheit von Anlageempfehlungen und Anlagestrategieempfehlungen und unterliegt keinem Verbot des Handels vor der Veröffentlichung solcher Empfehlungen. Die Vervielfältigung, Veröffentlichung sowie die Weitergabe des Inhalts in jedweder Form ist nicht gestattet.

Interview mit Andreas Utermann

von | 28.08.2018
Andreas Utermann

Zusammenfassung

Andreas Utermann, CEO und Global CIO, Allianz Global Investors, im Gespräch mit Kerstin Keller, Chefredakteurin Update Magazin und Head of Institutional Marketing, Allianz Global Investors über den neuen Markenauftritt „Active is“.

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