Zusammenfassung
Unter ESG-Gesichtspunkten zeichnen sich Fremdkapitalinvestitionen in Infrastruktur (Infrastructure Debt) meist durch ein niedriges Risikoprofil und durch positive Effekte auf ESG-Faktoren aus. Für institutionelle Anleger kann sich die Investition in Infrastrukturprojekte mit potenziell höherem ESG-Risiko aber lohnen.
1 Infrastructure Debt
Fremdkapitalinvestitionen in Infrastruktur
(Infrastructure Debt) besitzen im Hinblick
auf ESG-Faktoren (Umwelt, Soziales und
Corporate Governance) im Allgemeinen
ein niedriges Risikoprofil, und sie zeichnen
sich häufig durch eine positive Auswirkung
auf ESG-Faktoren aus. Aufgrund ihres stark
durch Strukturierung geprägten Charakters
– Kreditauflagen (Covenants) räumen
Fremdkapitalanlegern während der Investment-
Phase eine gewisse Kontrolle über
ihre Investitionen ein – kann eine strategischen
Segmentierung von Subsegmenten
unter ESG-Gesichtspunkten sinnvoll sein.
Dabei liefert der hohe Grad an Strukturierung
die erforderlichen Mechanismen zur positiven Einflussnahme, sofern sich Investoren
dazu entschließen, in Infrastrukturprojekte
mit potenziell höherem ESG-Risiko
zu investieren.
Indem „Nachhaltigkeit“ zu einem zentralen
Kriterium für Investoren wird, besteht allerdings
die Gefahr, dass sich daraus eine Kultur
des „bloßen Abhakens“ entwickelt. Hier ist
eine klare Strategie gefragt, um die begrenzten
Kapazitäten für ein ESG-Engagement auf
jene Bereiche zu konzentrieren, in denen die
ESG-Risiken wie auch die möglichen positiven
Auswirkungen nachhaltiger Investments
am größten sind
2 Die Bedeutung eines strategischen ESG-Ansatzes
Ohne einen effizienten strategischen Risikobewertungsrahmen
werden im besten Fall
große Mengen an Daten und Einschätzungen
mit geringem Nutzwert zu Investitionsvorhaben
mit im Wesentlichen niedrigen
ESG-Risiken generiert. Hierdurch wird das
Portfoliomanagement mit unnötigen Kosten
belastet, die am Ende von den Investoren
getragen werden müssen.
Im schlimmsten Fall werden Manager und
Investoren ohne eine Fokussierung ihres
ESG-Ansatzes auf Bereiche mit hohem ESGPotenzial
von einem Engagement bei Emittenten
abgehalten, für die dieses notwendig
und lohnenswert wäre. Im äußersten Fall
könnte dies sogar zu einer Art „ESG-Protektionismus“
führen, bei dem beispielsweise
Schwellenländer oder problematische Sektoren
wie die Energieerzeugung aufgrund
ihrer höheren ESG-Risiken generell ausgeklammert
würden. Ein derartiger Ansatz
würde nicht nur das Investmentrisiko der
Investoren aufgrund geringerer Diversifizierung
erhöhen. Sie ließe zudem außer Acht, dass „aktives Nichtstun“ unter ESGGesichtspunkten
häufig die schlechteste
Option ist.
Insbesondere Umweltauswirkungen sind
im Kontext und nicht absolut zu betrachten:
Zwar ist die Luftverschmutzung in den dicht
besiedelten Großstädten der westlichen
Welt aufgrund des hohen Aufkommens von
Benzin- und Dieselfahrzeugen besorgniserregend,
allerdings sind es nach wie vor die
Schwellenländer, in denen die Lebenserwartung
der Bevölkerung am stärksten
durch die Luftverschmutzung beeinträchtigt
wird. Dort stellt vor allem die Verbrennung
fossiler Brennstoffe oder tierischer Exkremente
in häuslichen Feuerstätten zur Wärmegewinnung
ein erheblich größeres
Gesundheitsrisiko dar. Vor diesem Hintergrund
dürften sich Investitionen in die Energieerzeugung
in solchen Ländern grundsätzlich
positiv auswirken, sei es durch die
Nutzung erneuerbarer Energien oder durch
die Modernisierung traditioneller Methoden
der Energieerzeugung.
3 Die Vorteile liegen auf der Hand
Stärken bei den ESG-Faktoren finden generell
ihren Niederschlag in höheren Bonitätseinstufungen
und niedrigeren Fremdkapitalkosten.
Diese Parameter fließen
wiederum in die Bewertung von Schuldtiteln
zur Finanzierung von Infrastrukturprojekten
ein. Somit profitieren Infrastrukturprojekte
auch in ihrem eigenen Rating und Pricing
von einem guten ESG-Rating der beteiligten
Vertragspartner.
Zusätzlich profitieren Fremdkapitalinvestitionen
in Infrastruktur von mehreren zusätzlichen
Merkmalen, die bei traditionellen
Anleiheemissionen im ESG-Kontext nicht
auftreten:
1/ In den Emissionsbedingungen von
Fremdkapitalinvestitionen in Infrastruktur ist
in der Regel präzise dargelegt, für welchen
Zweck die Finanzmittel verwendet werden,
z. B. eine Projektfinanzierung zum Bau einer
neuen Straße oder eines Windenergieparks.
2/ Im Unterschied zu Standardemissionen
im Anleihen-Segment unterliegen Emittenten
von Infrastrukturinvestments typischerweise
zusätzlichen gesetzlichen oder
vertraglichen Regulierungsvorschriften.
3/ Die Kreditauflagen (Covenants) von
Fremdkapitalinvestitionen in Infrastruktur
gehen üblicherweise weit über rein finanzielle
Aspekte hinaus (z. B. Begrenzung
des Fremdkapitalhebels oder Gewährung
von Sicherheiten) und berühren die Durchführung
der Geschäftsaktivitäten des Emittenten.
"Stärken bei den ESG-Faktoren finden generell ihren Niederschlag in höheren Bonitätseintstufungen und niedrigeren Fremdkapitalkosten."
4 Risikoprofile
Geringes ESG-Risiko
Zu einer Projektfinanzierung mit geringem
ESG-Risiko zählt beispielsweise ein Projekt
zum Bau eines Studentenwohnheims in
Zusammenarbeit mit einer Universität in
einer gefestigten Demokratie wie Großbritannien.
Die EU besitzt ein ausgeprägtes Rechts- und
Regulierungssystem mit strikten Umweltvorgaben,
Arbeitnehmerrechten, Antidiskriminierungsgesetzen,
strengen Bestimmungen
zur Bekämpfung von Geldwäsche
und robusten Regelungen zu Gesundheit
und Arbeitsschutz, die in allen Phasen der
Lebensdauer des Projekts – insbesondere
jedoch in der Konstruktionsphase – von
Bedeutung sind.
Neben den genannten defensiven ESGRisikomerkmalen
stellt der Ausbau der
Universität ein Investment mit positiver
Auswirkung dar: Verbesserung der Karrierechancen
von Studenten sowie Förderung
von Forschung und wirtschaftlicher
Entwicklung. Zudem spielen Universitäten
in vielen Städten eine wichtige Rolle als
Schnittstellen wirtschaftlicher, künstlerischer
und kultureller Aktivitäten.
Mittleres ESG-Risiko
Ein Beispiel für eine fremdkapitalbasierte
Projektfinanzierung mit mittlerem Risiko
wäre der Bau einer neuen Straße in einem
Land mit mittlerem Einkommensniveau,
etwa in Osteuropa. Eine neue Straße könnte
sich zwar theoretisch negativ auf die unmittelbare
lokale Umwelt auswirken, da hierdurch
ein höheres Verkehrsaufkommen
entsteht. Allerdings könnte etwa der Bau
einer Innenstadtumgehung die Umweltund
Verkehrsbelastung senken und dadurch
zur Steigerung der Lebensqualität der Stadtbewohner
beitragen.
Für ein Projekt mit mittlerem Risiko wird
im Vorfeld der Investition eine zusammenfassende
Kurzform der ESG-Risiken und
der risikomindernden Faktoren im Rahmen
der allgemeinen Prüfung von Risiken und
risikomindernden Faktoren herangezogen.
Hohes ESG-Risiko
Ein Projekt mit hohem Risiko wäre beispielsweise
die thermische Stromerzeugung in
einem Schwellenland. Schwellenlandrisiken
trägt Allianz Global Investors im Allgemeinen
durch Zusammenarbeit mit Institutionen
Rechnung, die beim Management dieser
Risiken über eine entsprechende Erfahrung
und Erfolgsbilanz verfügen. So hat AllianzGI
einen der ersten Fonds zur Infrastrukturfinanzierung
in Zusammenarbeit mit der
IFC (International Finance Corporation, ein
Mitglied der Weltbankgruppe) aufgelegt.
Durch diesen Fonds können Investoren bei
AllianzGI in ein Darlehensportfolio investieren,
für das die IFC entsprechende Investments
in Infrastrukturprojekte in Schwellenländern
generiert und auch das Portfoliomanagement
verantwortet.
Bei Co-Investments mit anderen internationalen
Finanzinstitutionen wird in unserer
ersten Due-Diligence-Phase die Angemessenheit
ihrer ESG-Grundsätze und -Verfahren
ermittelt, anstatt eine Due-Diligence-Prüfung
für jedes Einzelinvestment vorzunehmen.
Für unvorhergesehene Situationen
behalten wir uns bestimmte Beteiligungs-
Vetorechte vor.
AllianzGI verfolgt einen ganzheitlichen
Bewertungsansatz, mit dem zunächst das
ESG-Risikoprofil eines potenziellen Emittenten
auf fundamentaler Basis ermittelt
und anschließend einer von drei Kategorien
(niedriges, mittleres oder hohes Risiko) zugeordnet
wird.
5 Rahmenbedingungen
Bei fremdkapitalbasierten Projektfinanzierungen
mit geringem ESG-Risiko stellt die
Einhaltung lokaler Gesetze, emittentenspezifischer
Regelungen und Vertragsbedingungen
der Gegenpartei in der Regel
indirekt eine umfassende Garantie im
Hinblick auf ESG-Faktoren dar. Dies ermöglicht
Investoren eine äußerst kosteneffiziente
Kontrolle durch Aufnahme marktüblicher
Covenants für Finanzierungsverträge
und typischer Sanktionen bei Verstößen
gegen diese Covenants – Aussetzung von
Ausschüttungen auf das Eigenkapital bei
geringfügigen Verstößen (bis zur Beseitigung
dieser Verstöße), Verwertung von
Sicherheiten und vorzeitige Fälligstellung
bei erheblichen Verstößen. Eine spezifische
ESG-Prüfung ist typischerweise nur für Investments
mit höheren Risiken erforderlich.
Je stärker solche Projekte den in reifen Demokratien
üblichen internationalen und
regionalen Vereinbarungen zu Umweltzielen
unterliegen, desto fraglicher ist es, dass
ein Kapitalgeber mit den verschiedenen
Facetten dieser politischen Rahmenbedingungen
vertraut ist oder dass er gar am
besten weiß, wie sich ein bestimmtes ökologisches
oder sozio-ökonomisches Ziel
erreichen lässt. Investoren sollten sich daher
auf die Prüfung der Kreditwürdigkeit
der zu finanzierenden Assets innerhalb des
regulatorischen und vertraglichen Rahmens
konzentrieren.
Was ist das Fazit?
Investoren, die das Thema ESG ernst nehmen, können ihr Rentenportfolio guten Gewissens diversifizieren, indem sie Teile in Fremdkapitalinvestitionen
im Infrastrukturbereich allokieren. Darüber hinaus erlauben die strengen Kreditauflagen der zugrunde liegenden Transaktionen
aktiven Managern eine Aufsichtsfunktion wahrzunehmen, in deren Rahmen sie die Einhaltung von Gesetzen und Vorschriften prüfen
können, die in gefestigten Demokratien mit dem Ziel von Umweltschutz und Nachhaltigkeit eingeführt wurden1.
Adrian Jones, Direktor, Infrastructure Debt, Allianz Global Investors |
1) Ein Erfolg der Strategie kann nicht garantiert und Verluste können nicht ausgeschlossen werden.
Investieren birgt Risiken. Der Wert einer Anlage und Erträge daraus können sinken oder steigen. Investoren erhalten den investierten Betrag gegebenenfalls nicht in voller Höhe zurück. Die hierin enthaltenen Einschätzungen und Meinungen sind die des Herausgebers und / oder verbundener Unternehmen zum Zeitpunkt der Veröffentlichung und können sich – ohne Mitteilung hierüber – ändern. Die verwendeten Daten stammen aus unterschiedlichen Quellen und wurden als korrekt und verlässlich betrachtet, jedoch nicht unabhängig überprüft; ihre Vollständigkeit und Richtigkeit sind nicht garantiert und es wird keine Haftung für direkte oder indirekte Schäden aus deren Verwendung übernommen, soweit nicht durch grobe Fahrlässigkeit oder vorsätzliches Fehlverhalten verursacht. Bestehende oder zukünftige Angebots- oder Vertragsbedingungen genießen Vorrang. Dies ist eine Marketingmitteilung, herausgegeben von Allianz Global Investors (Schweiz) AG, einer 100%igen Tochtergesellschaft der Allianz Global Investors GmbH, die über Bewilligungen der FINMA (www.finma.ch) als Vertriebsträger sowie der OAKBV (Oberaufsichtskommission berufliche Vorsorge) zur Verwaltung von Vermögen der beruflichen Vorsorge verfügt. Diese Mitteilung genügt nicht allen gesetzlichen Anforderungen zur Gewährleistung der Unvoreingenommenheit von Anlageempfehlungen und Anlagestrategieempfehlungen und unterliegt keinem Verbot des Handels vor der Veröffentlichung solcher Empfehlungen. Die Vervielfältigung, Veröffentlichung sowie die Weitergabe des Inhalts in jedweder Form ist nicht gestattet.
Zusammenfassung
Andreas Utermann, CEO und Global CIO, Allianz Global Investors, im Gespräch mit Kerstin Keller, Chefredakteurin Update Magazin und Head of Institutional Marketing, Allianz Global Investors über den neuen Markenauftritt „Active is“.